Wie lässt sich der Aftermarket, insbesondere im Hinblick auf die Elektromobilität, nachhaltig gestalten? Dieser Frage ging Dr. Ing. Christoph Schön, Senior Manager Innovation bei LKQ Europe, beim Automotive Talk Köln im April nach.
Mit dem Anspruch, der global führende Teilehändler zu sein – schließlich beliefert man von rund 1.000 Standorten aus täglich etwa 120.000 Werkstätten – will LKQ verstärkt nachhaltige und kosteneffiziente Lösungen anbieten. Dabei stehen auch die Reparatur von Hochvolt-Akkus sowie die Wiederaufbereitung von Teilen im Fokus.
„Im Sinne der Kreislaufwirtschaft brauchen wir neue Lösungen für Reparatur und Aufbereitung, damit ein nachhaltiger Aftermarket auch langfristig funktioniert“,
sagte Schön in seinem Vortrag. Das Unternehmen verfügt bereits über große Erfahrung im Bereich Gebrauchtteile, denn LKQ hat seinen Ursprung in Fahrzeugrecycling und -zerlegung sowie dem Verkauf gebrauchter Teile in den USA. Während dort der Marktanteil für Gebrauchtteile bei 12 Prozent liegt, ist er in Europa laut Schön noch verschwindend gering. Das will man ändern. In Schweden zerlegt das Tochterunternehmen LKQ Atraco bereits Totalschäden, vor allem wirtschaftliche, und verkauft die gebrauchten Teile. Das zweite Standbein in Europa ist die Aufbereitung von Motoren. „Das ist nicht nur kosteneffizient, sondern oft auch die einzige Möglichkeit, wenn ein Motor nicht mehr hergestellt wird“, so Schön.
Bereit, wenn es soweit ist
Im Bereich der Verbrennertechnologie hat LKQ bereits heute schon teilweise gebrauchte Motoren und Teile im Angebot.
„In Zukunft wollen wir das Angebot auf Elektronik-Komponenten, Software und Teile für den E-Antrieb erweitern“,
fährt Schön fort. Dazu ist geplant, das bestehende Kerngeschäft auf den Bereich E-Mobilität auszuweiten und dafür notwendige strategische Partnerschaften mit Lieferanten einzugehen. Werkstätten sollen zertifiziert werden, um gegenüber den Kunden als EV-Spezialist erkenntlich zu sein. Und schließlich arbeitet man an Lösungen zur Instandhaltung, Reparatur, Aufbereitung und Bewertung von EV-Batterien. „Letzteres ist im freien Markt heute noch nicht akut, aber wenn es soweit ist, wollen wir die richtige Unterstützung bieten“, betont Schön. Dabei achtet man vor allem auf kosteneffiziente Lösungen, um dem Kunden eine kostengünstige Option zur weiteren Nutzung seines Fahrzeugs bieten zu können. „Ein Auto, dass länger in Betrieb und auf der Straße bleibt, ist nachhaltiger als ein neues Auto“.
Lebensverlängernde Maßnahmen
Christoph Schöne konkretisiert die Pläne von LKQ am Beispiel der Hochvolt-Akkus. Heute geht man davon, dass die Batterien bis zu einer Kapazität von 70 Prozent und einem Alter von acht Jahren halten, was über die Garantie abgedeckt ist. „Wir gehen aber davon aus, dass eine Batterie bis zu 14 Jahren funktioniert. Eine reduzierte Kapazität und Reichweite reicht vielen Kunden immer noch aus. Wichtiger ist die Performance, sowohl bezüglich einer schnellen Ladung als auch für die Beschleunigung“, so Schön weiter. Demgegenüber liegt laut Schön aktuell das Alter, wo Fahrzeuge außer Dienst gestellt werden, bei 19 Jahren.
„Das ist ein großer Unterschied zur Lebensdauer der Batterie. Diese Differenz wollen wir verringern und Lösungen bieten, damit auch diese Fahrzeuge länger einsatzbereit sind“,
betonte Schön. So bereitet LKQ in den USA bereits Nickel-Batterien auf, wie sie etwa im Toyota Prius verbaut sind. Das ist ein einfacherer Prozess als bei Lithium-Batterien. Doch gerade bei den großen Lithium-Akkus sieht man schnell: Je länger ein E-Fahrzeug auf der Straße ist, umso unwirtschaftlicher wird eine neue Batterie und überschreitet schnell den Restwert des Autos. Hinzu kommt, dass neue Ersatz-Batterien im Laufe der Jahre immer teurer werden, weil in der Produktion bereits neue Technologien zum Einsatz kommen, ein Zellhersteller aber für den Ersatz einer älteren Batterie nachproduzieren muss. „Unser Ansatz lautet deshalb: wir brauchen Lösungen, um Batterien im Fehlerfall günstig zu reparieren, damit der Kunde sein Auto weiter nutzen kann“, erklärte Schön.
Das waren die Automotive Talk Top Speaker im April [Video]
Nichts für Einzelkämpfer
Um in Zukunft kostengünstige und zeitwertgerechte Reparaturen sowohl für Verbrenner als auch für Elektromobile anbieten zu können, fallen laut Christoph Schön mehrere Faktoren ins Gewicht, wie er abschließend zusammenfasst: „Die Zerlegung von Altfahrzeugen und Aufbereitung der Teile ist die Basis. Um Zugriff auf die Altteile zu haben, brauchen wir den Kreislauf. In der gesamten Kette braucht es das Wissen und die richtigen Technologien. Es braucht ein gewisses Volumen, um kostengünstig zu bleiben. Und schließlich brauchen wir strategische Partnerschaften, um Synergien und Skaleneffekte nutzen zu können. Alleine schafft das keiner, dafür ist die Thematik zu komplex“.
Der Automotive Talk Köln ist eine halbjährliche Veranstaltungsreihe und findet zum nächsten Mal im November im Atelier Theater in Köln statt. Informationen und Details zur Veranstaltung finden Sie unter www.amtalk.de