Der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) sieht im aktuellen Koalitionsvertrag kein ausreichendes Signal für eine zügige Weiterentwicklung der Elektromobilität. Die politischen Absichten zeigen zwar in die richtige Richtung, doch bleibt die konkrete Umsetzung in weiten Teilen unklar. Für den Kfz-Sektor bedeutet das vor allem eines: weiter abwarten.
Unverbindliche Förderzusagen bremsen Investitionen
Der Vertrag listet zahlreiche denkbare Unterstützungsmaßnahmen für elektrisch betriebene Fahrzeuge auf. Ob und wann diese tatsächlich greifen, ist jedoch offen. Es fehlen klare Angaben zu Budgetgrößen, Zielmengen oder verbindlichen Zeitfenstern. Steuererleichterungen für emissionsfreie Fahrzeuge, der Wegfall der Lkw-Maut für alternative Antriebe und mögliche Zuschüsse für Plug-in-Hybride sind zwar erwähnt, bleiben aber ohne greifbare Details. Diese Unschärfe führt dazu, dass Kaufentscheidungen vertagt werden – ein Problem, das sich besonders auf Absatz und Planung im Teile- und Werkstattgeschäft auswirken kann.
Ein weiteres Thema ist die Regelung der CO₂-Grenzwerte für Fahrzeugflotten. Zwar wird deren Anpassung angedeutet, doch ohne klare rechtliche Vorgaben verliert dieses Instrument an Steuerungswirkung. Solange unklar bleibt, wie die Einhaltung kontrolliert oder belohnt wird, fehlt der Anreiz für Hersteller und Händler, konsequent auf emissionsfreie Technologien zu setzen. Dies mindert auch die Innovationsdynamik im Aftersales-Bereich.
Hohes Strompreisniveau als Bremsklotz
Ein zentrales Hemmnis für die Alltagstauglichkeit der Elektromobilität ist der hohe Strompreis. Die Regierungsparteien schlagen eine Senkung um fünf Cent pro Kilowattstunde vor – allerdings ohne eine Aussage zum Zeitpunkt oder zur konkreten Umsetzung. Damit bleibt der Standort Deutschland weiterhin teuer beim Ladestrom. Besonders für Gewerbekunden und den Logistiksektor ist das ein entscheidender Kostenfaktor, der die Entscheidung gegen den Wechsel auf E-Fahrzeuge verstärken kann.
Positiv ist die Absicht zu bewerten, den Ausbau der Ladeinfrastruktur zu beschleunigen. Eine verlässliche Versorgung mit Ladestationen ist ein Schlüsselfaktor für den Erfolg alternativer Antriebe. Doch auch hier fehlt eine klare Zielvorgabe für den flächendeckenden Ausbau, etwa in ländlichen Regionen oder an Verkehrsknotenpunkten für den Güterverkehr. Ohne diesen Druck zur Umsetzung droht auch hier eine Verlangsamung der Fortschritte.
Politischer Rahmen ohne Planungssicherheit
Trotz zahlreicher Ankündigungen fehlen dem Vertrag belastbare Vorgaben für die kommenden Jahre. Für Industrie, Handel und Werkstätten ist es aber essenziell, frühzeitig planen zu können – etwa bei Werkstattausstattung, Ersatzteilbevorratung oder Weiterbildungen. Ohne konkrete Maßnahmen bleiben viele Akteure in einer abwartenden Haltung. Gerade angesichts internationaler Marktveränderungen und der Unsicherheiten durch Handelskonflikte ist ein verlässlicher politischer Rahmen dringend notwendig.
Ein entscheidender Punkt, den der Koalitionsvertrag weitgehend ausklammert, ist der notwendige Wandel im Werkstattwesen. Der zunehmende Anteil elektrifizierter Antriebe stellt neue Anforderungen an Personal, Infrastruktur und Diagnosetechnik. Ohne gezielte Förderprogramme zur Qualifikation von Fachkräften, etwa für Hochvolt-Systeme, droht ein Engpass bei der Wartung und Instandsetzung moderner Fahrzeuge. Auch Investitionen in spezielle Werkstattausrüstung werden durch fehlende Planungssicherheit erschwert. Der Vertragsentwurf enthält hierzu keine konkreten Impulse – ein Versäumnis, das sich langfristig auf die Servicequalität auswirken könnte.
Teileversorgung und Logistik im Wandel
Mit dem schrittweisen Übergang zur Elektromobilität verändern sich auch die Anforderungen an Lagerhaltung und Teilelogistik im Großhandel. Während klassische Verschleißteile bei E-Fahrzeugen teilweise entfallen, gewinnt die Versorgung mit spezifischen Komponenten wie HV-Batterien, Leistungselektronik oder Ladeschnittstellen an Bedeutung. Der Koalitionsvertrag bietet keine klaren Rahmenbedingungen zur Förderung von Infrastruktur für die Ersatzteilversorgung. Auch hier fehlen strategische Vorgaben, etwa zur Entsorgung und Wiederverwertung von Hochvolt-Bauteilen, die für eine nachhaltige Logistikstruktur essenziell wären.
Der Koalitionsvertrag thematisiert die Bedeutung flächendeckender Ladeinfrastruktur, geht aber kaum auf regionale Besonderheiten ein. Gerade im ländlichen Raum besteht akuter Handlungsbedarf, um den Umstieg auf E-Mobilität überhaupt praktikabel zu machen. Kommunale Werkstätten, regionale Großhändler und kleinere Fuhrparks benötigen standortbezogene Lösungen – etwa beim Aufbau öffentlicher Ladepunkte, bei der Integration von Ladeinfrastruktur in bestehende Betriebshöfe oder bei der Umrüstung kommunaler Fahrzeugflotten. Ohne gezielte Förderprogramme auf regionaler Ebene wird die Mobilitätswende hier deutlich langsamer voranschreiten als in urbanen Zentren.
Fazit
Der neue Koalitionsvertrag zeigt grundsätzliches Interesse an der Stärkung klimafreundlicher Antriebe. Was jedoch fehlt, sind konkrete Schritte mit belastbaren Angaben. Ohne diese Basis droht eine weitere Verzögerung beim Umstieg auf Elektromobilität. Für Werkstätten und Großhändler im Fahrzeugsektor bedeutet das Stillstand bei Investitionen und Unsicherheit in der strategischen Ausrichtung. Der Ball liegt nun bei der Regierung, mit klaren Programmen und greifbaren Maßnahmen nachzusteuern. Quelle: VDIK