Der internationale Aftermarket befindet sich im Umbruch. Laut Mubarak Mossa von Frost & Sullivan bei der CLEPA Aftermarket Konferenz, wächst die Bedeutung von Flottenkunden, digitalen Plattformen und datenbasierten Services rapide. Gleichzeitig verändert sich das Kundenverhalten: Fahrer erwarten heute transparente, bequeme und personalisierte Services – unabhängig davon, ob es sich um Ersatzteile, Wartung oder Reifen handelt. Dieser Wandel zwingt sowohl Werkstätten als auch den Teilegroßhandel dazu, ihre Angebote neu zu denken.
Marktentwicklung: Zuwachs trotz Herausforderungen
Weltweit verzeichnete der Automobilmarkt 2023 rund 88 Millionen verkaufte Neufahrzeuge – ein Niveau knapp unter dem Vor-Corona-Jahr 2019. Das sorgt für ein weiter wachsendes Fahrzeugaufkommen: Über 1,5 Milliarden Fahrzeuge sind weltweit in Betrieb. Für den Aftermarket bedeutet das ein anhaltend hohes Potenzial. Der globale Umsatz mit Ersatzteilen und Services lag bei rund 490 Milliarden US-Dollar, getrieben durch steigendes Fahrzeugalter, höhere Reparaturpreise und längere Nutzungsdauer.
OEMs drängen stärker in den freien Aftermarket
Ein zentrales Trendthema ist der wachsende Einfluss der Fahrzeughersteller im freien Ersatzteilmarkt. OEMs entwickeln zunehmend Multi-Channel-Strategien und bieten unter Eigenmarken wie „Eurorepar“ oder „Motrio“ Ersatzteile für Fahrzeuge außerhalb der Herstellergarantie. Hinzu kommen Wartungsverträge für Gebrauchtfahrzeuge sowie digitale Servicepakete, die OEMs über ihre eigenen Plattformen vertreiben. Ziel ist die langfristige Kundenbindung – auch nach Ablauf der Garantiezeit.
Neue Zielgruppen: DIFM und Flottenkunden
Parallel zur technischen Entwicklung differenziert sich die Kundschaft im Aftermarket weiter aus. Neben klassischen Do-it-Yourself-Kunden (DIY) gewinnen „Do-it-for-me“-Konsumenten (DIFM) an Bedeutung. Diese Gruppe setzt auf professionelle Dienstleistungen in der Werkstatt und erwartet ein umfassendes Serviceerlebnis. In Europa zeigt sich zudem ein starker Trend zur Flottennutzung: Über 50 Prozent der neu zugelassenen Fahrzeuge sind Firmenwagen – häufig operativ geleast. Diese Fahrzeuge haben hohe Anforderungen an Servicequalität und bieten gleichzeitig interessante Margenpotenziale für Werkstätten und Teileanbieter.
Werkstätten im Wandel: Neue Anforderungen und Chancen
Für unabhängige Werkstätten, die nicht an ein Franchise-System gebunden sind, entstehen neue Herausforderungen. Themen wie Fachkräftemangel, fehlende Weiterbildungsangebote und eine unübersichtliche Teileversorgung stellen viele Betriebe vor Probleme. Gleichzeitig ergibt sich hier enormes Potenzial für den Großhandel, durch gezielte Unterstützung in Schulung, Teilekatalogisierung und digitaler Infrastruktur Mehrwert zu schaffen.
Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Teileverfügbarkeit und der Benutzerfreundlichkeit digitaler Katalogsysteme. Eine schnelle, präzise Auswahl und Bestellung von Ersatzteilen reduziert Werkstattaufwände und steigert die Effizienz. Auch Serviceleistungen wie Pricing-Unterstützung und gezielte Lieferfähigkeit können als Differenzierungsmerkmal dienen.
Elektromobilität verändert Werkstattbedarf
Der zunehmende Anteil elektrifizierter Fahrzeuge – rein elektrisch oder als Hybrid – verändert den Aftermarket grundlegend. Zwar verringert sich bei E-Fahrzeugen der Wartungsaufwand in vielen Bereichen, gleichzeitig steigt die Komplexität der Systeme. Hochvolt-Technik, Software-Updates und neue Diagnoseanforderungen machen gezielte Weiterbildungsmaßnahmen unerlässlich. Auch hier sind Großhandel und Hersteller gefordert, passende Lösungen für Schulung und Support bereitzustellen.
Digitalisierung und E-Commerce im Aftermarket
Ein weiterer Megatrend ist die fortschreitende Digitalisierung. Werkstätten und Teilehändler nutzen vermehrt digitale Plattformen, um Teile zu beschaffen, Services zu buchen oder Wartungsintervalle zu managen. E-Commerce gewinnt dabei zunehmend an Bedeutung – nicht nur für Endkunden, sondern auch im professionellen B2B-Umfeld. Plattformbasierte Bestellsysteme, vernetzte Lagerlogistik und digitale Kundenkommunikation werden künftig zum Standard gehören.
Neue Spielregeln, neue Chancen
Die Transformation des globalen Aftermarkets ist in vollem Gange. Für den Teilegroßhandel und Werkstätten bedeutet das, bestehende Geschäftsmodelle anzupassen und gezielt auf neue Kundengruppen und Marktbedingungen zu reagieren. Wer jetzt in digitale Infrastruktur, Kundennähe und technisches Know-how investiert, schafft die Voraussetzungen für nachhaltigen Erfolg im sich wandelnden Marktumfeld. HAR