In Braunschweig startet ein zukunftsweisendes Pilotprojekt für automatisierte Mobilität, das vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) gefördert wird. Die erprobte Fahrzeugplattform, das U-Shift, wurde vom DLR entwickelt und zeichnet sich durch ein modulares Design aus. Sie besteht aus einer eigenständigen Antriebseinheit, die je nach Bedarf mit unterschiedlichen Transportkapseln kombiniert werden kann – für Fahrgäste oder Güter. Durch diese flexible Bauweise könnte das Konzept langfristig den Stadtverkehr und den Warentransport revolutionieren.
Modulare Fahrzeugkonzepte für mehr Flexibilität
Das U-Shift basiert auf einem autonomen, elektrisch betriebenen Fahrmodul, das ohne Fahrer auskommt. Das sogenannte Driveboard beherbergt sämtliche technischen Komponenten und kann mit austauschbaren Aufbauten bestückt werden. So lassen sich verschiedenste Einsatzmöglichkeiten realisieren, beispielsweise als Shuttle für Fahrgäste oder als mobile Paketstation für die Logistik.
Dank dieser Flexibilität könnte das Konzept dazu beitragen, den städtischen Verkehrsraum effizienter zu nutzen und Transportprozesse nachhaltiger zu gestalten. Zudem könnten die Fahrzeuge durch ihren leisen, emissionsfreien Betrieb zur Reduzierung von Lärm- und Schadstoffbelastung beitragen.
Erprobung im Stadtteil „Schwarzer Berg“
Die ersten Praxistests für die autonome Testflotte sind im Braunschweiger Stadtteil „Schwarzer Berg“ geplant. Dort sollen die Fahrzeuge im realen Stadtverkehr erprobt werden. Unterstützt wird das System durch eine vernetzte, intelligente Verkehrsinfrastruktur, die den sicheren Betrieb der autonomen Module gewährleistet.
Die Integration in das Testfeld Niedersachsen des DLR ermöglicht eine schnelle Anpassung an reale Verkehrsbedingungen. Experten überwachen die Fahrzeuge, um Daten für die weitere Entwicklung zu sammeln und Erkenntnisse über den praktischen Betrieb autonomer Transportsysteme zu gewinnen.
Projektpartner und wirtschaftliche Perspektiven
Mehrere Unternehmen und Institutionen sind an IMoGer beteiligt. Neben dem DLR zählen unter anderem die Braunschweiger Verkehrs-GmbH, UPS Deutschland, die DiMOS Operations GmbH, Motor Ai GmbH und VITRONIC Machine Vision GmbH zu den Partnern. Das Projekt wird außerdem von der Stadt Braunschweig und dem Regionalverband Großraum Braunschweig unterstützt.
Ein zentrales Element des Vorhabens ist die Einbindung der Öffentlichkeit. Bürger sowie weitere Stakeholder sollen von Anfang an in den Prozess integriert werden, um Akzeptanz und Praxistauglichkeit zu gewährleisten. Neben der technischen Erprobung geht es auch darum, Geschäftsmodelle zu entwickeln, die eine wirtschaftlich tragfähige Umsetzung ermöglichen.
Neue Anforderungen an die Verkehrsinfrastruktur
Autonome Fahrzeuge erfordern eine angepasste Infrastruktur, um ihre Stärken optimal ausspielen zu können. Das Testfeld Niedersachsen in Braunschweig bietet hierfür ideale Voraussetzungen. Intelligente Ampelsysteme, Sensorik zur Fahrzeugerkennung und eine digitale Vernetzung der Verkehrsteilnehmer ermöglichen es, die Fahrzeuge sicher in den bestehenden Straßenverkehr zu integrieren.
Ein besonderer Fokus liegt auf der Erprobung von Kommunikationsschnittstellen zwischen den Fahrzeugen und der Infrastruktur (V2X-Kommunikation). Diese Technologie sorgt dafür, dass die U-Shift-Module Echtzeitdaten zu Ampelphasen, Verkehrsaufkommen und Hindernissen erhalten. Langfristig könnte dieses System die Effizienz und Sicherheit autonomer Mobilitätskonzepte erheblich steigern.
Automatisierte Logistik als Lösung für den Fachkräftemangel
Neben dem Personentransport spielt die automatisierte Logistik eine zentrale Rolle im IMoGer-Projekt. Gerade auf der „letzten Meile“ stehen viele Logistikunternehmen vor Herausforderungen: Die Nachfrage nach schnellen und flexiblen Lieferoptionen steigt, während gleichzeitig Fachkräfte in der Transportbranche fehlen.
Durch autonom fahrende Transportmodule könnten Lieferketten effizienter gestaltet und Kosten gesenkt werden. Paketdienstleister wie UPS testen im Rahmen des Projekts, wie sich autonome Fahrzeuge in bestehende Logistikprozesse integrieren lassen. Denkbar sind unter anderem mobile Paketstationen, die flexibel innerhalb der Stadt eingesetzt werden, um Abholungen und Zustellungen zu erleichtern.
Sicherheitskonzept und rechtliche Rahmenbedingungen
Ein zentrales Anliegen bei der Entwicklung autonomer Fahrzeuge ist die Sicherheit. Das IMoGer-Projekt setzt auf ein mehrstufiges Sicherheitskonzept, das sowohl technische als auch organisatorische Maßnahmen umfasst. Während der Testphase wird eine technische Aufsicht die Fahrten begleiten und bei Bedarf in das System eingreifen.
Ein weiteres Ziel des Projekts ist es, Grundlagen für eine spätere Zulassung autonomer Fahrzeuge im Regelbetrieb zu schaffen. Dazu gehört die Definition von Sicherheitsstandards, die Anpassung gesetzlicher Rahmenbedingungen und die Erarbeitung von Betriebskonzepten, die den praktischen Einsatz der Technologie ermöglichen.
Zukunftsperspektiven für autonome Mobilität
Mit der Förderung durch das BMDV setzt Deutschland ein klares Zeichen für die Zukunft der autonomen Mobilität. Das IMoGer-Projekt könnte als Blaupause für den flächendeckenden Einsatz modularer Fahrzeugkonzepte dienen. Sollten die Tests erfolgreich verlaufen, könnten automatisierte Transportlösungen künftig verstärkt in urbanen und ländlichen Gebieten zum Einsatz kommen – emissionsfrei, effizient und wirtschaftlich sinnvoll.
Langfristig könnten solche Mobilitätskonzepte nicht nur den öffentlichen Nahverkehr und die Logistik verändern, sondern auch neue Geschäftsmodelle ermöglichen. Vom autonomen On-Demand-Shuttle bis hin zu selbstfahrenden Lieferdiensten bieten modulare Fahrzeugplattformen eine Vielzahl an Anwendungsmöglichkeiten, die sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile mit sich bringen.
Fazit
Mit der Förderung durch das BMDV setzt Deutschland einen wichtigen Impuls für die Entwicklung autonomer Mobilitätslösungen. Das IMoGer-Projekt in Braunschweig zeigt, wie modulare Fahrzeugkonzepte die Zukunft des städtischen Verkehrs und der Logistik nachhaltig verändern können. Durch die Kombination aus automatisierter Technologie, flexiblen Einsatzmöglichkeiten und intelligenter Infrastruktur wird eine innovative Lösung für den öffentlichen Nahverkehr und den Warentransport auf der „letzten Meile“ geschaffen.
Die Erprobung der U-Shift-Flotte im realen Stadtverkehr ist ein entscheidender Schritt, um die Praxistauglichkeit autonomer Systeme zu validieren und die Voraussetzungen für eine spätere Zulassung zu schaffen. Gleichzeitig liefert das Projekt wertvolle Erkenntnisse über die wirtschaftliche Umsetzbarkeit und Akzeptanz solcher Mobilitätskonzepte. Quelle: BMDV