Die Ladesituation für Elektrofahrzeuge auf deutschen Autobahnen weist weiterhin deutliche Mängel auf. Der ADAC hat im Rahmen eines aktuellen Tests 40 Raststätten entlang der Hauptverkehrsachsen überprüft. Die Ergebnisse zeigen, dass zwar an den meisten Raststätten Lademöglichkeiten existieren, die tatsächliche Leistungsfähigkeit und der Komfort aber erheblichen Nachholbedarf haben. Dies betrifft vor allem die Ladegeschwindigkeit und die Verfügbarkeit von Ladepunkten, die für Langstreckenfahrer von zentraler Bedeutung sind.
Ladeleistung und Anzahl der Ladepunkte: Ein kritisches Problem
Im Rahmen des Tests konnte festgestellt werden, dass 37 der überprüften Rastanlagen über Ladeinfrastruktur verfügen. Jedoch erweist sich die Ladegeschwindigkeit an 43 Prozent dieser Standorte als unzureichend. An 16 Raststätten ist die Ladeleistung auf unter 150 kW beschränkt, und häufig liegt sie sogar bei nur 50 kW. Dies führt zwangsläufig zu längeren Ladezeiten, was die Attraktivität von Langstreckenfahrten mit Elektrofahrzeugen stark mindert.
Eine schnellere Ladung mit über 150 kW, die insbesondere für längere Fahrten notwendig ist, bieten lediglich 21 der getesteten Rastanlagen. Von diesen ermöglichen wiederum nur vier sogenannte High-Power-Charging-Ladungen (über 300 kW). Hierzu zählen die Raststätten Auerswalder Blick Süd (A4), Gütersloh Süd (A2), Fuchsberg Süd (A20) und Brohltal West (A61). Dies stellt für Reisende mit Elektrofahrzeugen eine erhebliche Einschränkung dar, zumal an drei Raststätten – Allertal West (A7), Eisenach Nord (A4) und Am Haarstrang Süd (A44) – keinerlei Ladeinfrastruktur vorhanden ist.
Auch bei der Anzahl der Ladepunkte bestehen erhebliche Defizite. Moderne Rastanlagen sollten mindestens zehn Ladepunkte bieten, um den Bedürfnissen der wachsenden Zahl von Elektrofahrzeugen gerecht zu werden. Tatsächlich verfügen sechs der 21 Rastanlagen mit Schnellladesäulen über maximal drei Ladepunkte, was nach Meinung des ADAC weit hinter den heutigen Anforderungen zurückbleibt. Im Durchschnitt bieten die Rastanlagen lediglich gut vier Ladepunkte mit 150 kW oder mehr an. Zu diesem Problem kommt hinzu, dass Falschparker, die Ladeplätze blockieren, auf acht der getesteten Raststätten angetroffen wurden, was die Ladeinfrastruktur weiter belastet.
Komfort und Bedienung: Wesentliche Mängel für E-Fahrzeugfahrer
Neben der Ladeleistung kritisiert der ADAC auch das geringe Augenmerk auf den Komfort, den Elektroautofahrer an vielen Raststätten vorfinden. Insbesondere überdachte Ladestationen, die die Fahrer bei schlechtem Wetter schützen würden, sind die Ausnahme. Lediglich zwei Rastanlagen bieten solche überdachten Ladeplätze, was im Vergleich zu herkömmlichen Tankstellen, an denen ein solcher Wetterschutz Standard ist, einen klaren Nachteil darstellt.
Für Fahrzeuge mit Anhänger gestaltet sich das Laden ebenfalls als Herausforderung. Nur an einer einzigen Rastanlage ist es möglich, das Elektroauto ohne aufwendiges Rangieren oder Abkoppeln des Anhängers zu laden, was den Komfort für Fahrer von Gespannen stark einschränkt.
Ein weiterer Schwachpunkt ist die Abwicklung der Bezahlung an den Schnellladesäulen. Bei den meisten Ladestationen mit mehr als 150 kW ist die Zahlung per Kredit- oder Debitkarte nur über den Umweg eines QR-Codes möglich. Dies birgt Sicherheitsrisiken, da Kriminelle gefälschte QR-Codes anbringen könnten, um über sogenannte „Quishing“-Angriffe an die Zahlungsdaten der Fahrer zu gelangen. Kartenterminals, die eine direkte Zahlung ohne QR-Codes ermöglichen würden, sind derzeit nur vereinzelt an den Ladesäulen vorhanden.
HZunahme der E-Fahrzeuge und Bedarf an vernetzten Systemen
Mit der steigenden Zahl an Elektrofahrzeugen auf den Straßen erhöht sich auch der Druck auf die Ladeinfrastruktur. Nicht nur private PKW, sondern auch Nutzfahrzeuge wie Lieferwagen und Busse setzen zunehmend auf Elektromobilität, was eine erhebliche Zunahme der Nachfrage nach leistungsstarken Ladepunkten zur Folge hat. Die bisher vorhandene Ladeinfrastruktur, die in vielen Fällen nur langsamere Ladesäulen bietet, wird den zukünftigen Anforderungen nicht gerecht. Um diesen Wandel zu bewältigen, ist es notwendig, den Ausbau von Ladeparks großflächig zu beschleunigen und parallel dazu innovative Ansätze zu verfolgen.
Ein vielversprechender Weg könnte die Implementierung vernetzter Ladesysteme sein. Durch smarte Systeme könnten Ladevorgänge effizienter gestaltet und Ladeplätze besser koordiniert werden. Integrierte Apps, die die Verfügbarkeit von Ladepunkten anzeigen und den Ladevorgang an den individuellen Bedarf der Fahrzeuge anpassen, könnten eine Lösung für viele der heutigen Probleme sein. Hierzu zählen auch Reservierungsmöglichkeiten, die verhindern, dass Ladepunkte durch Falschparker blockiert werden, sowie dynamische Preismodelle, die Nutzer zu Zeiten mit geringerer Auslastung anregen, ihre Fahrzeuge aufzuladen.
Fazit und Ausblick
Der ADAC-Test zeigt deutlich, dass die Ladeinfrastruktur an deutschen Autobahnen in vielen Bereichen hinter den Anforderungen zurückbleibt. Um die E-Mobilität auf Langstreckenfahrten attraktiver zu gestalten, müssen die Betreiber von Rastanlagen und die verantwortlichen Akteure in der Automobilindustrie dringend handeln. Der Ausbau von Ladeparks mit mindestens zehn Ladepunkten und Ladeleistungen ab 150 kW ist unumgänglich, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden. Auch sollten die Anlagen so gestaltet werden, dass sie sich flexibel an einen zunehmenden Bedarf anpassen lassen.
Darüber hinaus wäre eine Verbesserung des Komforts an den Ladesäulen wünschenswert. Überdachte Ladeplätze und vereinfachte Bezahlmethoden tragen wesentlich dazu bei, die Akzeptanz und Benutzerfreundlichkeit von Elektromobilität zu steigern. Ein modernes Ladenetz sollte nicht nur funktional, sondern auch kundenfreundlich sein, um die Elektromobilität langfristig als praktikable Alternative zu Verbrennungsmotoren zu etablieren.
Die Zukunft der Elektromobilität hängt maßgeblich von einer gut ausgebauten und bedarfsgerechten Ladeinfrastruktur ab. Um den Hochlauf der E-Fahrzeuge zu unterstützen, müssen bestehende Defizite rasch behoben werden. Dies betrifft sowohl die Ladegeschwindigkeit als auch die Anzahl der Ladepunkte und den Komfort für die Fahrer. Nur so lässt sich das Potenzial der E-Mobilität auf Langstreckenfahrten voll ausschöpfen. Quelle: ADAC