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DIQ beleuchtet die Komplexität im Karosseriebau

Veröffentlicht am 18.10.2024
Das 13. DIQ-Symposium zeigte eindrucksvoll, wie moderne Technologien wie Mega Casting und modulare Bauweisen den Karosseriebau revolutionieren. Themen wie Sicherheit bei Elektrofahrzeugen, Management-Crash-Systeme und die Wiederverwertbarkeit von Karosserien verdeutlichen die wachsenden Anforderungen an die Fahrzeugherstellung und -reparatur.
 

Der Karosseriebau in der Automobilindustrie hat sich in den letzten Jahrzehnten drastisch verändert. Von einfachen Strukturen hin zu hochkomplexen, multifunktionalen Bauteilen – die Anforderungen an moderne Karosserien steigen stetig. Dies betrifft sowohl die Fertigung als auch die Reparatur. Auf dem 13. Symposium des Deutschen Instituts für Qualitätsförderung (DIQ e. V.) in Ingolstadt trafen sich Experten, um aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen im Karosseriebau zu beleuchten. Neue Technologien, Sicherheitssysteme und Recyclingmöglichkeiten standen dabei im Mittelpunkt. Diese Veränderungen betreffen nicht nur die Automobilhersteller, sondern haben auch erhebliche Auswirkungen auf Werkstätten und den Handel mit Ersatzteilen.


Historischer Rückblick: Die Evolution der Fahrzeugproduktion

Den Auftakt des Symposiums bildete ein Vortrag über die Entwicklung der Audi AG. Ralf Friese, Unternehmenshistoriker, führte durch die Geschichte der Automobilherstellung, die geprägt ist von technologischen Innovationen und gesellschaftlichen Umbrüchen. Ein zentrales Thema war der Wiederaufbau der Auto Union nach dem Zweiten Weltkrieg, ein Prozess, der sowohl unternehmerisches Geschick als auch technologische Anpassungen erforderte. Besonders in den Nachkriegsjahren waren improvisierte Lösungen und technische Innovationen entscheidend, um die individuelle Mobilität wiederherzustellen. Diese Zeit war geprägt von der Herausforderung, mit begrenzten Ressourcen funktionsfähige Fahrzeuge herzustellen.

Heute sind Fahrzeuge aus dieser Epoche wahre Raritäten. Insbesondere spezielle Modelle wie die ersten Krankenwagen oder Limousinen sind heute kaum noch auf den Straßen zu finden. Die Geschichte der Automobilherstellung zeigt, wie sehr gesellschaftliche Bedingungen die Entwicklung von Technologien beeinflussen und wie wichtig Innovationen für das Überleben von Unternehmen sind.

Moderne Produktionstechniken: Mega Casting und modulare Strukturen

Im Anschluss präsentierte Dr.-Ing. Michael Funcke von der Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen mbH Aachen (fka) die neuesten Technologien im Karosseriebau. Eine der fortschrittlichsten Entwicklungen ist das sogenannte „Mega Casting“. Hierbei werden große Bauteile im Druckguss-Verfahren hergestellt und als Teil der Fahrzeugkarosserie eingesetzt. Diese Methode reduziert die Komplexität der Fertigung erheblich und ermöglicht es, Fahrzeuge leichter und effizienter zu gestalten. Funcke betonte jedoch, dass trotz der Fortschritte in der Herstellung die Reparaturfreundlichkeit solcher Großbauteile noch nicht optimal ist und in Zukunft weiter verbessert werden muss.

Neben dem Mega Casting wurde die modulare Bauweise als wichtiger Trend im modernen Karosseriebau hervorgehoben. Diese ermöglicht es den Herstellern, Fahrzeugplattformen zu entwickeln, die flexibel für verschiedene Modelle genutzt werden können. Dies hat nicht nur wirtschaftliche Vorteile, sondern trägt auch zur Vereinfachung der Produktion bei. Insbesondere bei Elektrofahrzeugen spielt die modulare Bauweise eine entscheidende Rolle, da sie eine Anpassung an die spezifischen Anforderungen von Batterien und Elektromotoren ermöglicht.

Unsichtbare Sicherheitshelfer: Management-Crash-Systeme

Ein weiterer Schwerpunkt des Symposiums lag auf den Sicherheitskomponenten moderner Fahrzeuge. Alexander Guenther, Leiter der Produktentwicklung bei Kirchhoff Automotive, erklärte die Bedeutung von Management-Crash-Systemen, die unauffällig in die Fahrzeugstruktur integriert sind, aber im Ernstfall Leben retten können. Diese Systeme, die sich an der Front und am Heck der Fahrzeuge befinden, dienen sowohl dem Schutz der Insassen als auch der Optimierung der Reparaturprozesse nach einem Unfall.

Guenther betonte, dass die Anforderungen an solche Systeme in den letzten Jahren erheblich gestiegen sind. Besonders durch die zunehmende Verbreitung von Elektrofahrzeugen und neuen Sicherheitstests, wie sie durch die EURO NCAP-Richtlinien vorgegeben sind, müssen Crash-Systeme stetig weiterentwickelt werden. Ein zentrales Thema bei der Entwicklung dieser Systeme ist die enge Verknüpfung von Simulationen und realen Tests, um die bestmögliche Sicherheit zu gewährleisten.

Sicherheitsanforderungen bei Elektrofahrzeugen

Stefan Hagen von der Volkswagen AG nahm das Thema Sicherheit bei Elektrofahrzeugen genauer unter die Lupe. Er zeigte anhand des VW ID.7, wie wichtig der Schutz der Hochvolt-Batterie bei einem Unfall ist. Diese Batterien stellen besondere Herausforderungen dar, da sie nicht nur für die Insassen des Fahrzeugs, sondern auch für Rettungskräfte ein Risiko darstellen können. Eine der größten Herausforderungen ist die Sicherstellung, dass die Batterie bei einem Seitencrash nicht beschädigt wird und keine Kurzschlüsse oder Brände entstehen.

Hagen erläuterte zudem, dass die Sicherheit von Elektrofahrzeugen bereits in der Planungsphase der Karosserie berücksichtigt werden muss. Durch die modulare Bauweise, bei der verschiedene Fahrzeugtypen auf einer gemeinsamen Plattform gebaut werden, lässt sich die Sicherheit bereits im Entwicklungsprozess optimieren. Dies zeigt, wie sehr die Elektrifizierung der Mobilität auch die Anforderungen an den Karosseriebau verändert.

Recycling und Nachhaltigkeit im Fahrzeugbau

Ein immer wichtiger werdendes Thema ist das Recycling von Fahrzeugkarosserien. Prof. Dr. Joachim Schmidt, Geschäftsführer der FIT GmbH, ging in seinem Vortrag auf die Herausforderungen und Chancen des Karosserierecyclings ein. Fahrzeuge am Ende ihrer Lebensdauer sind wertvolle Rohstoffquellen, und es stellt sich die Frage, welche Teile wiederverwendet werden können. Schmidt zeigte, dass der Recyclinggedanke immer stärker in den Fokus der Automobilindustrie rückt, um Ressourcen zu schonen und den ökologischen Fußabdruck zu minimieren.

Früher war die Fahrzeugproduktion stark von einer „Wegwerfmentalität“ geprägt. Heute stehen Effizienz und Nachhaltigkeit im Vordergrund. Viele gesetzliche Vorgaben zwingen die Hersteller dazu, die Wiederverwertbarkeit ihrer Fahrzeuge zu verbessern. Allerdings gibt es noch immer Bauteile, die aufgrund ihrer komplexen Zusammensetzung nur schwer recycelt werden können. Insbesondere bei modernen Verbundmaterialien stößt das Recycling oft an seine Grenzen.

Lackierungen bei Elektrofahrzeugen: Besondere Sicherheitsanforderungen

Ein weiteres spannendes Thema war die Lackierung von Elektrofahrzeugen. Kurt Gilch, Technischer Leiter der ktd GmbH, machte deutlich, dass diese im Vergleich zu konventionellen Fahrzeugen besondere Herausforderungen mit sich bringt. Die Lackierung eines batterieelektrischen Fahrzeugs erfordert spezielle Sicherheitsmaßnahmen, um Brandgefahren oder elektrische Schläge zu vermeiden.

Besonders wichtig ist die Einhaltung der Lackiervorschriften der Fahrzeughersteller, die je nach Modell und Hersteller stark variieren können. Zudem müssen Lackierarbeiten unter Einhaltung strenger Temperaturvorgaben erfolgen, da zu hohe Temperaturen die empfindliche Batterie beschädigen könnten. Gilch wies darauf hin, dass die bestehenden Vorschriften in Bezug auf Sicherheit und Effizienz bei der Lackierung von Elektrofahrzeugen noch nicht vollständig ausgereift sind und weiterer Verbesserungen bedürfen.

Fazit

Das DIQ-Symposium zeigte eindrucksvoll, wie tiefgreifend sich der Karosseriebau in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Neue Technologien wie Mega Casting und modulare Bauweisen revolutionieren die Produktion, während gleichzeitig die Sicherheitsanforderungen weiter steigen. Der Schutz von Insassen, insbesondere bei Elektrofahrzeugen, erfordert innovative Lösungen, die weit über den traditionellen Karosseriebau hinausgehen.


Die zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeit und Recycling stellt ebenfalls neue Herausforderungen dar. Werkstätten und der Handel mit Kfz-Ersatzteilen müssen sich auf diese Entwicklungen einstellen, um in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Fortschritt bringt nicht nur Chancen, sondern auch Risiken mit sich – vornehmlich in Bezug auf die Komplexität der Reparatur- und Wartungsprozesse. Quelle: DIQ

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