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Ford: Wie das E-Auto zum Stromspender wird

Veröffentlicht am 23.07.2024

Während in Deutschland die Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge immer wieder in der Kritik steht und ein Faktor für die nur langsam steigende Akzeptanz der Stromer ist, ist Ford in den USA schon einen Schritt weiter.


Riccardo Cocchini, Manager EV Charging Strategie bei Ford, schilderte in seinem Vortrag im Rahmen des Automotive Talk Köln m April, wie der US-Hersteller die Speicherkapazitäten seiner E-Fahrzeuge in Zukunft auch als Stromquelle nutzen will. Bei Ford heißen die Projekte „vehicle to home“ und „verhicle to grid“. Sie sollen laut Cocchini Möglichkeiten bieten, Strom nicht nur ins Fahrzeug zu laden, sondern bei Bedarf auch aus dem Fahrzeug ins Haus oder an andere Verbraucher zu liefern. Mit dem neuen Pick-up Ford F 150 Lightning bietet der amerikanische Hersteller in den USA bereits ein Fahrzeug an, mit dem das möglich ist.

Anhand realer Beispiele aus den USA zeigte Cocchini eindrucksvoll die Einsatzmöglichkeiten des Trucks, wie die Pick-ups in den USA bezeichnet werden. Schon bei der Präsentation des neuen F 150 Lightning vor der versammelten Presse in der Ford-Zentrale in Deerborn konnte das Konzept seine Leistungsfähigkeit beweisen. Ein Stromausfall legte vorübergehend die gesamte Veranstaltung lahm. Kurzerhand wurden alle auf der Vorstellung versammelten Fahrzeuge an das Stromnetz der Zentrale angeschlossen und die Veranstaltung konnte fortgeführt werden.

Haus fünf Tage mit Strom versorgt

Auch Kunden gaben bereits Feedback, wie ihnen das Fahrzeug aus brenzligen Situationen half. Etwa nach einem Hurricane mit Stromausfall, wo das Fahrzeug als Energiespeicher für die Stromversorgung in Haus und Nachbarschaft eingesetzt wurde. Oder der Kunde, der nach einem Sturm sein Haus nicht verlassen konnte und es fünf Tage lang aus dem Auto mit Strom versorgte.

„Die technische Umsetzung war nicht einfach, aber das Handling für den Kunden über eine App ist umso einfacher“,

sagte Cocchini. Daneben braucht der Kunde außer dem Fahrzeug noch die Ford Charge Station Pro, die das Fahrzeug laden und entladen kann, sowie das Home Integration System. Dieses trennt bei Bedarf das Haus komplett vom Stromnetz und startet die Versorgung des Hauses über das Fahrzeug mit 10 kW Gleichstrom. In der Basisversion des F 150 Lightning mit 98 kWh-Akku ist die intelligente Ladestation optional, die Version XLT mit „Extended Range“ und 131 kWh Akkukapazität umfasst die Ladestation serienmäßig.

Von der Sonne ins Netz

Doch Ford sieht noch weit mehr Anwendungen. Riccardo Cocchini erklärt, wie man die Batterie auch wirtschaftlich nutzen kann.

„Aus der Möglichkeit, mit Solarstrom vom Dach das Fahrzeug zu laden und über dieses das Haus mit Strom zu versorgen, ergeben sich Kosteneinsparungen für den Besitzer“.

Doch damit nicht genug. Cocchini beschreibt sogar Möglichkeiten, mit dem Auto Geld zu erwirtschaften: „Die Flexibilität des Systems bietet die Möglichkeit, Strom aus dem Fahrzeug ins Netz einzuspeisen. Die Stromeinspeisung wird vergütet und gleichzeitig das Netz stabilisiert“. Das funktioniert in den USA bereits, in Europa sieht Cocchini allerdings noch Herausforderungen in der Umsetzung. „Es gibt aktuell noch keine Standards zur Umsetzung einer solchen Strategie in Europa. Dazu kommen unterschiedliche Regelungen und Gesetzgebungen in den 27 EU-Staaten“, so der Manager. Darüber hinaus müssen laut Cocchini solche Projekte auch steuerrechtlich betrachtet werden. Als wichtige Kriterien für eine Umsetzung sieht Cocchini zum einen notwendige Partnerschaften, um Kernkompetenzen zusammenzuführen. „Wir können das nicht alleine stemmen“, so Cocchini. Zusätzlich brauche es ein „Market Tayloring“, eine Anpassung des Konzepts an die verschiedenen Märkte in Europa.

Ladezeiten per App steuern

Abschließend kündigte Riccardo Cocchini dennoch erste Schritte in Europa an, die mittlerweile nur wenige Wochen später Realität sind. Ford hat eine Cloudarchitektur entwickelt, die Fahrzeug und Versorger zusammenbringen, damit das Fahrzeug vornehmlich während der günstigsten Tarifzeiten an der Wallbox lädt.

„Über die App muss der Kunde nur bestimmen, wieviel Strom das Fahrzeug zu einer bestimmten Uhrzeit vorhalten muss“,

so Cocchini. Ford Pro Home Charging startet im Sommer dieses Jahres zunächst in Großbritannien, bevor es auf weiteren europäischen Märkten eingeführt wird. Aktuell ist das System für die neuen Ford e-Transit Custom sowie Ford e-Tourneo Custom verfügbar.


Der Automotive Talk Köln findet im halbjährlichen Rythmus statt. Der nächste Termin ist der 26.11.2024. Infos unter Tickets gibt es hier: www.AMtalk.de

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