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VDA: Investitionen ins Ausland und Bürokratiebelastung

Veröffentlicht am 17.06.2024

Der Mittelstand im automobilen Sektor steht vor großen Herausforderungen. Beim 24. Mittelstandstag des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) in Bonn wurden die aktuellen Themen und Entwicklungen präsentiert. Unter dem Motto „Standort und Zulieferer stärken: Künstliche Intelligenz als Treiber der Transformation“ wurden Aspekte wie der Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Produktion und den Lieferketten diskutiert. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst, eröffnete die Konferenz mit einer Keynote.


Transformation und internationale Konkurrenz

VDA-Präsidentin Hildegard Müller betonte in ihrer Eröffnungsrede die Bedeutung der Transformation und den internationalen Wettbewerb, denen der automobilen Mittelstand gegenübersteht. Müller lobte die Innovationskraft und Entschlossenheit der Unternehmen, die sich trotz der Herausforderungen auf den Weg zur klimaneutralen und digitalen Mobilität machen. Sie mahnte jedoch an, dass sowohl Berlin als auch Brüssel mehr tun müssen, um den Mittelstand zu unterstützen. Die Unternehmen benötigen nicht nur Regulierung, sondern eine aktive Industriestrategie und Handelspolitik.

In einer aktuellen Umfrage unter den Automobilzulieferern (Herstellergruppe III) und den mittelständischen Herstellern von Anhängern, Aufbauten und Bussen (Herstellergruppe II) wurden besorgniserregende Ergebnisse präsentiert. Demnach verschieben, verlagern oder streichen 82 Prozent der Unternehmen geplante Investitionen in Deutschland. Mehr als ein Drittel (37 Prozent) der Unternehmen plant, Investitionen ins Ausland zu verlagern, wobei die Ziele andere EU-Länder, Asien und Nordamerika sind. Nur ein Prozent der Unternehmen plant, die Investitionen in Deutschland zu erhöhen.

Müller betonte, dass die Bundesregierung die Alarmzeichen ernst nehmen und handeln müsse. Der industrielle Mittelstand, ein entscheidender Teil des Wirtschaftsstandorts Deutschland, dürfe nicht vernachlässigt werden. Die Unternehmen benötigen wettbewerbsfähige Energiepreise, schnelle Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie ein wettbewerbsfähiges Steuer- und Abgabensystem.

Fachkräftemangel und Beschäftigungsabbau

Ein weiteres dringendes Thema ist der Fachkräftemangel. 68 Prozent der befragten Unternehmen leiden unter einem Mangel an Fach- und Arbeitskräften. 52 Prozent geben an, Schwierigkeiten zu haben, den kurz- und mittelfristigen Fachkräftebedarf zu decken. Die Unternehmen setzen hauptsächlich auf eigene Ausbildung (45 Prozent), um diesen Bedarf zu decken, während 26 Prozent den Bedarf über den Arbeitsmarkt abdecken.

Trotz des Fachkräftemangels reduziert fast jedes zweite Unternehmen (45 Prozent) in Deutschland die Beschäftigung. Nur 16 Prozent bauen Beschäftigung auf, während 38 Prozent die Beschäftigungszahlen konstant halten. Der VDA plant, die Auswirkungen der Transformation auf die Beschäftigung in der Automobilindustrie in einer wissenschaftlichen Studie zu beleuchten, die im Oktober veröffentlicht werden soll.

Bürokratie als Hauptbelastung

Eine der größten Herausforderungen für den automobilen Mittelstand bleibt die Bürokratie. 83,3 Prozent der Unternehmen fühlen sich stark oder sehr stark durch Bürokratie belastet. Dieser Wert ist seit der letzten Umfrage im Oktober 2023 unverändert hoch. Der Vorsitzende des Beirats der KIRCHHOFF Gruppe und VDA-Vizepräsident Arndt G. Kirchhoff betonte, dass der Mittelstand an der absoluten Belastungsgrenze sei und die Politik dringend gegensteuern müsse. Insbesondere das von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Bürokratieentlastungsgesetz erfüllt nicht die Erwartungen der Unternehmen.

Neben der Bürokratie belasten hohe Steuern und Abgaben (65 Prozent) sowie die hohen Strompreise (62 Prozent) die Unternehmen stark. Die Gaspreise sind für jedes zweite Unternehmen (50 Prozent) eine große Herausforderung.

Trotz dieser Schwierigkeiten schätzen die Unternehmen einige Vorteile des Standorts Deutschland. Dazu zählen das industrielle Netzwerk, die duale Ausbildung, die Infrastruktur und die politische Stabilität.

Handelspolitik und internationale Märkte

Eine weitere Sorge der Unternehmen betrifft die Handelspolitik der EU. 80 Prozent sind der Meinung, dass die Handelspolitik der EU nicht zum Wohl des industriellen Mittelstands beiträgt. Zudem erwarten 82 Prozent negative Auswirkungen durch zunehmende Handelskonflikte.

Freier und fairer Handel ist für die deutsche Exportnation entscheidend. Rund 70 Prozent der Arbeitsplätze in der Industrie hängen vom Export ab. VDA-Präsidentin Müller forderte eine aktive Agenda der EU für freien und fairen Handel sowie mehr Pragmatismus und Flexibilität bei den Verhandlungen von Freihandels- und Investitionsabkommen. Nur eine starke und exportfähige Industrie könne die großen Herausforderungen der grünen und digitalen Transformation meistern.

Müller unterstrich die Bedeutung Europas für Frieden, Sicherheit und Wohlstand. Wirtschaftliche Stärke sei die Voraussetzung für globale Klima- und Geopolitik im europäischen Sinne. Nur als globale Wirtschaftsmacht könne Europa selbstbewusst auftreten und seine Interessen wirkungsvoll vertreten.

Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen

Die Umfrage zeigte auch, dass die Potenziale von Künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen erkannt werden. 36 Prozent der Unternehmen setzen KI bereits ein, weitere 41 Prozent planen den Einsatz. Diese Technologien werden vor allem in der Produktion und bei der Qualitätssicherung genutzt. Haupthemmnisse für einen schnelleren Einstieg sind fehlendes Fachpersonal und der hohe Investitionsaufwand.

Auf dem VDA-Mittelstandstag stehen Themen wie KI, maschinelles Lernen und Datenstrategien im Fokus. Diese Technologien bieten große Potenziale für den automobilen Mittelstand. Der Austausch und die Diskussion innerhalb der Branche sind essenziell, um diese Potenziale zu heben.

Digitalisierung als Wachstumsfaktor

Neben der Nachhaltigkeit spielt die Digitalisierung eine immer wichtigere Rolle. Die Automobilindustrie befindet sich mitten in einer digitalen Revolution, die alle Bereiche von der Produktion über den Vertrieb bis hin zum Kundenservice betrifft. Besonders der Einsatz von Datenanalysen und vernetzten Systemen ermöglicht es Unternehmen, ihre Prozesse effizienter und transparenter zu gestalten. Predictive Maintenance, also die vorausschauende Wartung, ist ein Beispiel dafür, wie durch den Einsatz von Sensoren und Datenanalysen Maschinenstillstände minimiert und Kosten gesenkt werden können.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die Cyber-Sicherheit. Mit zunehmender Vernetzung steigt auch das Risiko von Cyber-Angriffen. Daher investieren viele Unternehmen verstärkt in Sicherheitslösungen, um ihre Systeme und Daten zu schützen. Schulungen und Sensibilisierung der Mitarbeiter für IT-Sicherheit sind ebenfalls essenziell, um ein hohes Schutzniveau zu gewährleisten.

Die Digitalisierung bietet auch im Kundenbereich große Vorteile. Durch den Einsatz von CRM-Systemen (Customer Relationship Management) können Unternehmen ihre Kundenbeziehungen intensivieren und personalisierte Angebote erstellen. Dies führt nicht nur zu einer höheren Kundenzufriedenheit, sondern auch zu einer stärkeren Kundenbindung.


Ausblick und Fazit

Die Umfrage zeigt, dass der automobilen Mittelstand vor großen Herausforderungen steht, aber auch Potenziale sieht. Investitionen ins Ausland, Bürokratiebelastung und Fachkräftemangel sind drängende Probleme. Gleichzeitig bieten neue Technologien wie Künstliche Intelligenz Chancen für die Zukunft. Die Politik muss Rahmenbedingungen schaffen, die den Mittelstand unterstützen und stärken. Nur so kann der Standort Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit erhalten und die Transformation zu klimaneutraler und digitaler Mobilität erfolgreich gestalten. Quelle: VDA

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