Bremsscheiben sind ein unverzichtbarer Bestandteil des Bremssystems eines Fahrzeugs. Sie sind jedoch auch anfällig für verschiedene Probleme, die die Fahrsicherheit beeinträchtigen können. In diesem ausführlichen Artikel werden wir die gängigsten Ursachen von Bremsscheibenproblemen genauer untersuchen und Lösungen aufzeigen, wie Sie diese verhindern oder beheben können. Warum erleben Fahrer während des Bremsens Vibrationen am Lenkrad oder am Bremspedal? Warum verfärben sich Bremsscheiben blau oder entwickeln Risse?
Die Wissenschaft hinter Bremsscheibenproblemen
Bevor wir uns den spezifischen Problemen zuwenden, ist es wichtig, die Grundlagen zu verstehen. Beim Bremsen werden die Bremsbeläge gegen die Bremsscheibe gedrückt, was Reibung erzeugt. Diese Reibung führt zur Umwandlung von kinetischer Energie in Wärme. Gleichzeitig haben Bremsscheiben die Funktion, die während des Bremsvorgangs entstehende Wärme abzuleiten. Dies geschieht durch die Interaktion der Schleifmittel im Bremsbelag mit der Oberfläche der Scheibe.
Es treten zwei wichtige Reibungsphänomene auf: Haftreibung, bei der Oberflächen aneinander haften, und Gleitreibung, bei der eine Oberfläche relativ zur anderen rutscht. Diese Prozesse sind entscheidend für das ordnungsgemäße Bremsverhalten.
Überhitzung der Bremsscheiben
Einer der häufigsten Gründe für Bremsscheibenprobleme ist die Überhitzung. Die Gusseisenstruktur einer typischen Bremsscheibe beginnt sich bei etwa 650°C zu verändern. Dieser kritische Punkt kann leicht überschritten werden, insbesondere wenn ein Fahrer nach wiederholtem starkem Bremsen aus hoher Geschwindigkeit die Bremsscheiben nicht ausreichend abkühlen lässt.
Es ist erstaunlich zu bedenken, dass die bei einem Bremsvorgang aus 90 km/h freigesetzte Energie ausreicht, um zwei Liter Wasser in nur drei Sekunden zum Kochen zu bringen. Bei einem Lastwagen kann diese Energie sogar 53 Liter Wasser in nur vier Sekunden zum Sieden bringen.
Die Temperatur von Bremsbelägen und Bremsscheiben kann bei intensivem Bremsen auf 500-550°C ansteigen. Ein weiterer Anstieg der Temperatur führt zu einer Abnahme der Bremswirkung. Überschreitet die Temperatur jedoch den kritischen Punkt von etwa 650°C, verändert sich die Oberfläche der Bremsscheibe und ihre innere Struktur wandelt sich in die wesentlich härtere Form namens Zementit um. Gleichzeitig behält das Gusseisen in den inneren Schichten eine weichere Struktur bei.
Diese Kombination aus hartem Zementit und weichem Gusseisen erzeugt einen Effekt, der als „Eisbildung“ bezeichnet wird. Der Zementit hat im Vergleich zum Gusseisen einen geringeren Reibungskoeffizienten, sodass der Bremsbelag, der gegen ihn gedrückt wird, rutscht. Das Ergebnis ist ein ungleichmäßiges Bremsverhalten, das für den Fahrer deutlich spürbar ist. In solchen Fällen überschreitet der Rundlauf der Bremsscheibe nicht immer die kritischen Werte von maximal 0,1 mm entlang ihres Außenumfangs.
Unter dem Mikroskop ist die Struktur einer normalen Grauguss-Bremsscheibe und die veränderte Struktur aus Zementit deutlich unterschiedlich. Die auf der Oberfläche sichtbaren Zementitkristalle ähneln „Geschwüren“ auf der Oberfläche der Bremsscheibe. Die ersten sichtbaren Anzeichen für lokale Überhitzung können blaue Flecken auf der Oberfläche der Bremsscheibe sein.
Blaue Flecken auf der Bremsscheibenoberfläche
Extreme Überhitzung führt zu einer weiteren Ausbreitung der kristallinen Struktur des Zementits auf der Oberfläche der Bremsscheibe, was zu einer Veränderung ihrer Struktur führt. Dies führt dazu, dass die Bremsscheibe Schläge erzeugt, die der Fahrer im Lenkrad spürt. Es ist wichtig zu beachten, dass die Länge dieser Risse nicht mehr als 25-30 Millimeter betragen sollte. Längere Risse sind tiefer und wirken sich negativ auf die Geometrie der Scheibe und ihren Rundlauf aus. Eine Überhitzung der Bremsscheibe, die visuell nicht erkennbar ist, kann indirekt durch weiße Bröselkanten am Bremsbelag festgestellt werden. Lösungen und Prävention: Um Überhitzung der Bremsscheiben zu vermeiden, ist es entscheidend, die richtigen Einfahrregeln für die Bremsen zu befolgen. In den ersten 300 Kilometern sollte moderat gebremst werden, um den Bremsscheiben ausreichend Zeit zum Abkühlen zu geben. Eine weitere wichtige Maßnahme ist die regelmäßige Reinigung der Führungen des Bremssattels. Wenn diese verrostet oder verschmutzt sind, kann der Bremssattel nicht richtig öffnen, und die Bremsbeläge bleiben an der Oberfläche der Scheibe haften, was zur Überhitzung führt.
Verschlissene Bremsscheiben
Ein weiterer häufiger Grund für Probleme mit Bremsscheiben ist ihr Verschleiß. Wenn die Bremsscheiben die Mindeststärke erreicht haben, ist ein Austausch dringend erforderlich. Die Mindeststärke ist keine willkürliche Angabe, sondern basiert auf physikalischen Faktoren. Dünne Bremsscheiben können die entstehende Wärme nicht angemessen ableiten und ihre Festigkeit ist beeinträchtigt. Die Temperaturen können deutlich höher als zulässig sein, was ein hohes Risiko für Überhitzung und sogar physische Zerstörung darstellt.
Eine verschlissene Bremsscheibe ist auch anfälliger für Resonanzeffekte, die Bremsgeräusche verursachen können. Es ist wichtig zu beachten, dass der Austausch der Bremsscheiben allein nicht ausreicht. Neue Bremsbeläge sollten ebenfalls installiert werden. Wenn die Dicke der Bremsscheibe nahe am zulässigen Mindestwert liegt, muss sie bei der Montage neuer Bremsbeläge ebenfalls ersetzt werden.
Schmutz zwischen Nabe und Bremsscheibe
Ein oft vernachlässigter Faktor bei Rundlaufproblemen der Bremsscheibe ist die Verschmutzung der Nabenoberfläche und der Innenfläche der Bremsscheibe. Selbst eine dünnste Rostschicht auf der Nabe oder wenige Sandkörner können zu spürbarem Rundlauf führen. Daher ist es entscheidend, die Oberfläche der Nabe sorgfältig zu reinigen, wenn die Bremsscheibe ausgetauscht wird. Selbst eine winzige Unregelmäßigkeit von 0,05 mm an der Nabe kann zu spürbaren Vibrationen am Lenkrad führen. Bei einem Scheibenbremssystem beträgt das durchschnittliche Spiel zwischen den Oberflächen von Belag und Scheibe etwa 0,1 mm. Eine winzige Unregelmäßigkeit von 0,05 mm an der Nabe bedeutet eine Abweichung von 0,1 mm am Umfang und führt zu einem Kontakt zwischen Belag und Scheibe während der Fahrt. Dies kann zu Bremsgeräuschen führen.
Variation der Bremsscheibendicke
Ein weiterer Faktor, der den Rundlauf der Bremsscheibe beeinflusst, sind Ungleichmäßigkeiten in ihrer Dicke. Dies tritt häufig auf, wenn das Reibmaterial der Bremsbeläge nicht gleichmäßig auf die Oberfläche der Scheibe übertragen wird. Eine falsch ausgerichtete Bremsscheibe oder ein Bremssattel kann Variationen in der Scheibendicke verursachen.
Um festzustellen, ob die Dicke der Bremsscheibe ungleichmäßig ist, kann eine Messung mit einer Bügelmessschraube an acht Punkten um den Umfang der Scheibe durchgeführt werden, jeweils im Abstand von 45 Grad. Dies sollte an der Außen-, Mittel- und Innenkante der Scheibe erfolgen. Die ermittelten Werte werden verglichen, und die Differenz zwischen dem Minimum und dem Maximum berechnet. In der Regel sollte die Differenz zwischen 0,025 und 0,035 mm liegen. Dies reicht aus, um die Dicke der neuen Scheibe an drei Punkten zu messen und sie mit den in der Montageanleitung angegebenen Spezifikationen zu vergleichen. Informationen über die maximal zulässige Mindestdicke finden sich in den Empfehlungen des Fahrzeugherstellers oder auf dem Rand der Scheibe selbst.
Falsche Montage der Bremsscheibe
Die falsche Montage der Bremsscheibe kann ebenfalls zu Rundlaufproblemen führen. Dies kann durch einen schiefen Sitz zur Nabe verursacht werden, der wiederum durch Verschmutzung der Auflagefläche oder eine Verformung hervorgerufen werden kann. Eine weitere Ursache für eine fehlerhafte Ausrichtung ist ein Spiel im Radlager oder eine falsche Ausrichtung des Bremssattels.
Die Verzerrung der Kontaktfläche mit der Nabe kann durch übermäßiges oder unzureichendes Anziehen der Radschrauben oder Muttern verursacht werden. Das richtige Anzugsdrehmoment und die richtige Anzugsreihenfolge, wie sie vom Hersteller empfohlen werden, sind entscheidend. Weitere Ursachen sind zu starkes oder zu lockeres Anziehen der Radschrauben oder Muttern, mechanische Beanspruchung durch Verschiebung sowie unsachgemäße Montage von Bremssattel und Scheibe. Um solche Probleme zu vermeiden, sollte die Scheibe sorgfältig montiert und die Schrauben über Kreuz und gemäß den Herstellerempfehlungen angezogen werden. Vor der Montage der Scheiben ist es wichtig sicherzustellen, dass die Montage und der Einbau des Bremssattels korrekt erfolgen.
Qualität der Bremsscheiben
Abschließend ist die Qualität der Bremsscheiben von großer Bedeutung. Mindere Qualität, Verstöße gegen die Produktionsrichtlinien oder die Verwendung veralteter Technologien können zu erheblichen Problemen führen. Es ist ratsam, hochwertige Bremsscheiben von etablierten Herstellern zu wählen und auf Produkte unbekannter Herkunft zu verzichten.
Bremsscheibenprobleme erkennen und verhindern
Insgesamt sind Bremsscheibenprobleme zwar häufig, aber vermeidbar und lösbar. Eine ordnungsgemäße Wartung und Pflege der Bremsscheiben ist von entscheidender Bedeutung, um eine sichere und effiziente Bremsleistung Ihres Fahrzeugs zu gewährleisten. Denken Sie daran:
Überhitzung der Bremsscheiben kann vermieden werden, indem Sie die Einfahrregeln für Bremsen befolgen und die Bremsscheiben ausreichend abkühlen lassen.Verschlissene Bremsscheiben sollten rechtzeitig ersetzt werden, und neue Bremsbeläge sollten ebenfalls installiert werden. Die Reinigung der Nabenoberfläche und der Bremsscheibe ist entscheidend, um Rundlaufprobleme zu verhindern. Achten Sie auf die gleichmäßige Dicke der Bremsscheiben und korrigieren Sie eventuelle Abweichungen. Die ordnungsgemäße Montage der Bremsscheibe und des Bremssattels ist unerlässlich, um Rundlaufprobleme zu vermeiden.Wählen Sie stets hochwertige Bremsscheiben von renommierten Herstellern. Durch die Beachtung dieser Ratschläge können Sie die Lebensdauer Ihrer Bremsscheiben verlängern und sicherstellen, dass Ihr Fahrzeug jederzeit zuverlässig und sicher zum Stehen kommt. HAR / Q: Ferodo