Zu den heute veröffentlichten Zahlen des Umweltbundesamtes, wonach der deutsche Verkehrssektor im Jahr 2022 148 Millionen Tonnen CO₂ ausstoßen wird und damit 9 Millionen Tonnen über dem gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwert liegt, erklärt Wiebke Zimmer, stellvertretende Direktorin der Denkfabrik Agora Verkehrswende:
„Das Umweltbundesamt bestätigt, was sich bereits in den letzten Monaten abzeichnete: Deutschland ist im Verkehrssektor nicht auf Klimakurs und damit nicht zukunftsfähig. Die Schere zwischen dem im Klimaschutzgesetz vorgeschriebenen Minderungspfad und der tatsächlichen Entwicklung geht weiter auseinander. Die Bundesregierung hat immer noch kein Konzept vorgelegt, mit welchen Maßnahmen das Reduktionsziel bis 2030 erreicht werden kann, obwohl dies nach den Vorgaben des Klimaschutzgesetzes schon längst hätte geschehen müssen.
Ein sogenanntes Klimaschutz-Sofortprogramm, mit dem die Ziele aus dem Klimaschutzgesetz erreicht werden können, wurde seit Beginn der Ampelkoalition bereits mehrfach verschoben und zuletzt für das Frühjahr angekündigt. Sofort war gestern, Deutschland müsste längst in der Umsetzung sein. Die Kontroversen der vergangenen Wochen und Monate lassen jedoch an der politischen Handlungsfähigkeit der Bundesregierung beim Klimaschutz im Verkehr zweifeln.“
Der gesamte europäische Green Deal infrage gestellt
„Obwohl ganz Europa sich in monatelangen Verhandlungen schon darauf geeinigt hatte, ab 2035 nur noch emissionsfreie Pkw zuzulassen, stellt die Bundesregierung im letzten Moment das Ergebnis infrage und setzt damit letztendlich den gesamten europäischen Green Deal, die europäische Zusammenarbeit und die Zukunft der europäischen Automobilindustrie aufs Spiel. Trotz schwieriger Haushaltslage bleiben klimaschädliche Subventionen wie Dieselprivileg, Dienstwagenprivileg und Entfernungspauschale unangetastet; auch die notwendige Reform der Kfz-Steuer ist nicht in Sicht.
Anstatt bei der Bundesverkehrswegeplanung klare Prioritäten auf Bestandserhalt und Schienenausbau zu setzen, wird der beschleunigte Neubau von Straßen in den Vordergrund gestellt. Nicht einmal bei der Reform des Straßenverkehrsrechts macht die Ampelkoalition sichtbare Fortschritte, obwohl dieses Vorhaben eindeutig im Koalitionsvertrag festgehalten ist und sich damit Bürokratie und Kosten abbauen ließen. Über 500 Kommunen fordern mittlerweile vom Bund mehr Entscheidungsfreiheit bei der Anordnung von Tempo 30, ohne damit beim Bundesverkehrsministerium Gehör zu finden.“
Umfassendes Klimaschutzprogramm gefordert
„Wenn die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode noch einen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz im Verkehr leisten will, gelingt das nur, wenn sie sich jetzt endlich auf ein umfassendes Klimaschutzprogramm einigt. An Vorschlägen mangelt es nicht. Als ‚Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit‘, das versprochen hat, ‚mehr Fortschritt zu wagen‘, vereinen die Koalitionsparteien wichtige Grundwerte. Diese Werte und dieses Bündnis braucht es jetzt für den Klimaschutz im Verkehr.“
Agora Verkehrswende zieht Zwischenbilanz hinsichtlich Klimapolitik
Dr. Wiebke Zimmer ist ein Mitglied des Expertenbeirats Klimaschutz in der Mobilität (EKM) beim Bundesministerium für Digitales und Verkehr. Agora Verkehrswende hat eine Zwischenbilanz zur Klimapolitik im Verkehr nach einem Jahr Ampelkoalition veröffentlicht, welche Empfehlungen für einen Kurs auf Klimaneutralität, Wirtschaftlichkeit und soziale Gerechtigkeit enthält. Die Bilanz ist online verfügbar unter: https://www.agora-verkehrswende.de/veroeffentlichungen/vom-rasenden-stillstand-zum-versprochenen-fortschritt/.
Die Prognosen des Umweltbundesamtes bezüglich der Treibhausgasemissionen Deutschlands im Jahr 2022 sind online verfügbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/uba-prognose-treibhausgasemissionen-sanken-2022-um. Quelle: Agora Verkehrswende