Viele Autofahrer:innen nutzen den Start ins Frühjahr, um sich einen neuen fahrbaren Untersatz zuzulegen. Neben der großen Auswahl an Modellen steht die grundsätzliche Frage im Raum, welcher Antrieb der passende ist: Elektromotor oder Verbrennungsmotor? Die beiden Experten von ATU, Rene Kleesattel und Christopher Lang, haben unterschiedliche Meinungen dazu und erläutern jeweils aus ihrer Sicht die Stärken der beiden Antriebsarten.
Die Experten von ATU informieren
Für Rene Kleesattel, Experte für Elektromobilität bei ATU, ist die Sache klar: Bei einer Neuanschaffung würde er auf ein Elektrofahrzeug setzen:
„Wer sich heute ein Fahrzeug anschafft, sollte aus meiner Sicht auf Elektro setzen. Besonders lohnt sich der Kauf für Fahrer:innen, die ihr Auto entweder beim Arbeitgeber oder zuhause laden können. Auch wenn es beim Ladenetz vor allem in ländlichen Gegenden noch Luft nach oben gibt, ist die Ladeinfrastruktur mit knapp 64.000 Normalladepunkten und circa 13.000 Schnellladepunkten inzwischen schon sehr gut ausgebaut. Das ermöglicht auch eine problemlose Fahrt in den Familienurlaub. Zudem lohnt es sich preislich: denn trotz steigender Strompreise ist das Laden eines E-Autos weiterhin günstiger als das Tanken eines Verbrenners. Über die Jahre erweisen sich Fahrzeuge mit Batterieantrieb darüber hinaus als wertstabiler: nach zwei Jahren sind sie derzeit durchschnittlich noch rund 80 Prozent des Neupreises wert.
Des Weiteren profitieren Besitzer:innen eines Elektroautos von verschiedenen Boni und Prämien: Seit dem ersten Januar 2023 sind mit dem Umweltbonus bis zu 4.500 Euro Ersparnis beim Kauf eines neuen Stromers drin. Dazu kommt jeweils noch die Hälfte an Herstellerbonus. Außerdem entfällt bei der Zulassung eines Elektrofahrzeugs bis 2030 die Kfz-Steuer. Mit dem E-Auto kann man sogar buchstäblich Geld verdienen – und zwar durch die Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote). Denn ein Elektroauto fährt im Gegensatz zu Verbrennern lokal emissionsfrei und spart so bei jeder Fahrt aktiv CO₂ ein. Diese vermiedenen Emissionen können dann in Form der staatlich geförderten THG-Quote verkauft werden – für 2023 sind das 250 bis 300 Euro pro Fahrzeug.
Weniger Wartungskosten bei E-Fahrzeugen
Weiteres Einsparpotential zeigt sich auch bei den Wartungskosten, die aufgrund des geringeren Wartungs- und Servicebedarfs beim E-Fahrzeug häufig geringer sind als beim Verbrenner. Beispielsweise spart man sich Services wie Ölwechsel oder Abgasuntersuchungen sowie den Austausch von Verschleißteilen wie Zahnriemen und Zündkerzen. Auch die Bremsen halten aufgrund der Rekuperationstechnik deutlich länger als bei Verbrennern. Unterm Strich überwiegen für mich die Vorteile des Elektroautos. Daher empfehle ich, beim nächsten Kauf auf Elektro zu setzen.“
ATU-Kfz-Experte Christopher Lang hält eine andere Ansicht. Er ist der Meinung, dass auch der Verbrennungsmotor viele Vorteile bietet:
„Verbrenner haben sich seit Jahrzehnten als zuverlässige Automobile bewährt. Über die Zeit hinweg wurden sie stets weiter entwickelt und optimiert, vor allem in Sachen Effizienz, Leistung und Kosten. Benzin- und Dieselmotoren eignen sich für jeden, vor allem wenn man viel unterwegs ist oder kaum Möglichkeiten oder Zeit zum Laden hat. Mangelnde Reichweite und Angst vor einem leeren Tank sind hier kein Thema.
Durch die hervorragend ausgebaute Tankstellen-Infrastruktur ist das Betanken des Verbrenners nahezu überall möglich – auch im Ausland. Bleibt der fahrbare Untersatz wirklich einmal liegen, kann er problemlos mit Abschleppseil oder -stange zur nächsten Werkstatt gebracht werden – das geht bei einem Stromer nicht.
Auf Reisen hat der Verbrennungsmotor seine Vorteile
Auch beim Reisen genießen Fahrer:innen von Verbrennungsmotoren einige Vorteile. Durch die größere Reichweite können beispielsweise längere Teilstrecken ohne Zwischenhalt absolviert werden. Dazu kommt die Zeitersparnis beim Betanken des Fahrzeugs: an der Zapfsäule vergehen nur wenige Minuten, bis der Tank aufgefüllt ist und die Reise weitergehen kann. Für einen Verbrenner spricht ebenfalls die höhere Zuglast. Damit eignen sich Benziner oder Diesel perfekt zum Ziehen von schweren Anhängern und Campingwägen.
Zu guter Letzt können Kaufinteressenten neue und gebrauchte Benziner und Diesel zu relativ attraktiven Konditionen finden, denn vergleichbare E-Autos sind immer noch deutlich teurer. Wer ein begrenztes Budget hat und sich zum Beispiel das erste Auto anschaffen möchte, bekommt nur mit einem Verbrenner die Chance, mobil und unabhängig zu sein. Vor dem Kauf sollten jedoch laufende Kosten wie Treibstoff, Kfz-Steuer, Versicherung, Wartung, Service und Verschleiß unbedingt durchgerechnet werden. Mein Rat: Bis die E-Auto-Technik und das Ladenetz voll ausgereift sind, würde ich immer noch auf einen Verbrenner setzen. Zudem gibt es beim Verbrenner innovative Antriebskonzepte wie Wasserstoff, Hybridantrieb oder E-Fuels, welche man bei der Entscheidung im Auge behalten sollte.“
E-Auto oder Verbrennungsmotor?
Es ist nicht einfach, eine Empfehlung für den Fahrzeugkauf auszusprechen. Es gibt zahlreiche Argumente, die für den Kauf eines E-Autos sprechen, da es für viele Menschen alltagstauglich und in der Gesamtkostenrechnung durchaus attraktiv ist. Die Ökobilanz ist ebenfalls besser, wie Rene Kleesattel betont. Allerdings hat der Verbrennungsmotor immer noch seine Berechtigung. Niedrigere Gebrauchtwagenpreise und konkurrenzlos hohe Reichweiten sind Argumente, die auch den Kfz-Experten Christopher Lang überzeugen.
Letztlich hängt die Entscheidung, welche Antriebsart am besten geeignet ist, von einer persönlichen Abwägung, dem Fahrverhalten und der Fahrzeugnutzung ab. All dies sollte vor dem Kauf eines Neuwagens genau analysiert werden, um die individuell beste Entscheidung zu treffen. Quelle: ATU