Neben dem Fahren unter Alkoholeinfluss ist der Konsum von Drogen wie Cannabis eines der größten Risiken im Straßenverkehr. Cannabispflanzen und Cannabisprodukte enthalten Tetrahydrocannabinol (THC), einen Wirkstoff, der psychotrope Wirkungen im gesamten zentralen Nervensystem hat und somit alle menschlichen Sinne beeinflusst.
„Das darf keineswegs auf die leichte Schulter genommen werden“, sagt Dr. Thomas Wagner, Fachbereichsleiter der amtlich anerkannten Begutachtungsstellen für Fahreignung bei DEKRA. „Denn Konsumenten von Cannabisprodukten, die nach Aufnahme dieser psychoaktiven Substanz ein Kraftfahrzeug führen, gefährden zum einen die Verkehrssicherheit und begründen zum anderen auch Zweifel an ihrer Fahreignung.“
Dies gilt umso mehr, wenn häufig oder regelmäßig vermeintliche „Lifestyledrogen“ eingenommen werden. Cannabis im Straßenverkehr ist eines der Themen im DEKRA Verkehrssicherheitsreport 2022 „Mobilität junger Menschen“.
Die Zahlen im Drogen- und Suchtbericht des Bundesamtes für Gesundheit werden Sie überraschen. Demnach sind 10 % der deutschen 12-17-Jährigen und 42,5 % der Jugendlichen in diesem Alter. Zwischen 18 und 25 Jahren haben etwa 28 % der Erwachsenen im Alter von 64 Jahren in ihrem Leben Cannabis konsumiert. 1,6 % der Jugendlichen und 6,9 % der Jugendlichen tun dies regelmäßig. Verschiedene Studien zeigen, dass der Zeitraum mit dem höchsten Risiko für die Erstanwendung zwischen dem 16. und 18. Lebensjahr liegt.
Neben der Verringerung der Bildungschancen und der Gefährdung der eigenen Gesundheit ist der Cannabiskonsum auch mit einem erhöhten Unfallrisiko im Straßenverkehr verbunden
„Das Ausmaß des Cannabiskonsums steht dabei in engem Zusammenhang mit dem Fahren unter Substanzeinfluss und riskantem Fahrverhalten“, gibt Dr. Thomas Wagner zu bedenken. Anfällig hierfür seien zum Beispiel Menschen, die auf der Suche nach Grenzerfahrungen sind, über geringe Selbstkontrollfähigkeiten verfügen oder eine risikoaffine Persönlichkeitsstruktur aufweisen. „Die Folgen eines häufigen, regelmäßigen und insbesondere chronischen Cannabiskonsums sind vielschichtig und können sowohl Komponenten der Leistungsbereitschaft als auch der Leistungsfähigkeit beinhalten“,
betont der DEKRA Experte, der unter anderem mit ihm zusammenarbeitet, und verweist auf eigene Forschungsergebnisse und Untersuchungen von Professor Dieter Müller vom Institut für Verkehrsrecht und Verkehrsverhalten in Bad Dürrenberg und die aktuellen Artikel und Bewertungen zu Cannabis im Straßenverkehr im Magazin Verkehrssicherheit.
„Beeinträchtigt sein können all jene kognitiven Prozesse, die für das sichere Autofahren wichtig sind“, führt Dr. Wagner aus.
Dazu gehören Konzentration, Aufmerksamkeit, Reaktionsfähigkeit, Kurzzeit- und Arbeitsgedächtnis, Psychomotorik sowie Zeit- und Raumwahrnehmung. Im Bereich der Leistungsmotivation ist das sogenannte „Amotivationssyndrom“ von Langzeitkonsumenten seit Langem bekannt. Dies äußert sich in Apathie sowie Motivations-, Motivations- und Interesseverlust, der die sichere Bewältigung der Fahraufgabe beeinträchtigt.
Auswirkungen auf die Fahrsicherheit
Die nach Cannabiskonsum beobachtete Fahrunsicherheit hängt hauptsächlich mit dem Halten der Fahrspuren, das Einhalten der Fahrgeschwindigkeit und der Einhaltung von Vorrangbeschränkungen an Ampeln und Kreuzungen zusammen. Auffälligkeiten wie langsameres Fahren, häufigeres Überqueren der Mittellinie mit abrupteren Lenkradbewegungen und längere Reaktionszeiten werden insbesondere bei jungen Fahrern im Zusammenhang mit Cannabiskonsum beobachtet.
Für Deutschland gibt es noch keine offiziellen Statistiken über Unfälle, Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit Cannabis. Allerdings hat sich laut Statistischem Bundesamt die Zahl der Unfälle mit Personenschaden durch die Einwirkung toxischer Substanzen (außer Alkohol) zwischen 1975 und 2020 von 323 auf 2.366 mehr als versiebenfacht. Fast 90 % dieser Unfälle sind auf Männer zurückzuführen (2.110). Epidemiologische Studien in anderen Ländern haben übereinstimmend eine 1,26- bis 2,66-fache Erhöhung des Unfallrisikos aufgrund von Körperverletzungen und eine 1,31- bis 2,10-fache Erhöhung des Risikos tödlicher Unfälle bei Fahrern nach dem Konsum von Cannabisprodukten gezeigt.
„Daher gibt es durchaus gute Gründe für die Festsetzung eines Grenzwerts für THC, der eine zuverlässige Identifikation von Risikoträgern im Straßenverkehr ermöglicht“, sagt Dr. Thomas Wagner.
In Deutschland liegt dieser Wert bei 1,0 Nanogramm pro Milliliter Serum und stellt derzeit sowohl einen Grenzwert für Ordnungswidrigkeiten dar, als auch die Indikation für abklärungsbedürftige Zweifel an der Kraftfahreignung. Einschränkungen für sicheres Fahren können hier nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Hingegen stelle einmaliger, sporadischer oder seltener Cannabiskonsum wohl kein erhöhtes Risiko für die Verkehrssicherheit dar. Quelle: DEKRA