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Logistik: Autonome Transportfahrzeuge

Veröffentlicht am 09.12.2021
 

Wir schreiben das Jahr 2021. In der „Silicon Economy“, der digitalen Plattformökonomie der Zukunft, organisieren sich Fahrzeugschwärme selbst und kommunizieren mit Menschen, anderen Schwärmen und Plattformen, um ihre Mission zu erfüllen. Was hier wie Science-Fiction klingt, ist in Dortmund bereits Realität. Mit dem „LoadRunner“ hat das Fraunhofer IML einen weltweiten Meilenstein in der Schwarmrobotik gesetzt und eine neue Generation Fahrerloser Transportfahrzeuge entwickelt, die sich mithilfe Künstlicher Intelligenz und Kommunikation über 5G bei hohen Geschwindigkeiten eigenständig im Schwarm organisieren kann und eine enorme Sortierleistung erreicht.


Der ideale logistische Raum ist leer

Das LoadRunner-Projekt baut auf der Zukunftsvision einer infrastrukturreduzierten Logistik auf – einer Vision, bei der der ideale logistische Raum leer ist, da nur mit hoher Flexibilität und Skalierbarkeit der hohen Dynamik der heutigen Logistik begegnet werden kann. Inbetriebnahmezeiten von Logistikflächen sowie der Rückbau von technischen Anlagen müssenschnell und kostenoptimal realisiert werden können. Mit dem „LoadRunner“ sind die Dortmunder Wissenschaftler dieser Vision ein Stück nähergekommen. Der „LoadRunner“ ist eine konsequente Weiterentwicklung von Konzepten ohne feste Installation in der Gebäudeinfrastruktur, die sich universell nutzen lassen.

Paketsortierung muss schneller gehen

Betrachtet man die Paketsortierung in heutigen Paketverteilzentren, so lässt sich zwar ein Trend zu kleineren FTF und einer fahrzeugbasierten Sortierung ausmachen, doch die meisten FTF-Lösungen zur Sortierung arbeiten in einem Grid. Das heißt, die Fahrwege sind rechtwinkelig angeordnet und die Kollisionsvermeidung ist relativ einfach. Von Nachteil ist allerdings, dass die Fahrzeuge unter Umständen längere Wege fahren oder Wartezeiten für blockierte Strecken in Kauf nehmen müssen. Die Fraunhofer-Wissenschaftler legten deshalb den Fokus bei der Entwicklung ihres FTF nicht nur auf eine hohe Flexibilität, sondern auch auf einen hohen Durchsatz, u. a. durch die schnellere Ein- und Ausschleusung von Gütern.

Der „LoadRunner“ erhielt eine komplett neue Hardwareplattform und Steuerung. Dazu wurde das Fahrzeug mit einem omnidirektionalen Fahrwerk ausgestattet, das aus vier 3,6 kW Motoren besteht und es dem „LoadRunner“ ermöglicht, völlig frei auf der Fläche zu navigieren. Im Unterschied zu herkömmlichen Verfahren zur Kollisionsvermeidung passt die Trajektoriensteuerung der „LoadRunner“ sowohl den Fahrweg als auch die Geschwindigkeit an. Dies verhindert eine Kollision der Fahrzeuge trotz hoher Geschwindigkeiten. Eine enorme Leistung, da mit dem „LoadRunner“ eine theoretische Geschwindigkeit von 25 m/s realisiert werden kann. Ein Schwarm von High-Speed-Fahrzeugen kann somit theoretisch mit ca. 90 km/h durch eine Lagerhalle flitzen, ohne dass die Fahrzeuge kollidieren. Ein interdisziplinäres Team von Wissenschaftlern entwickelte für den „LoadRunner“ viele weitere neue Features – zum Beispiel Kameras, die bis zu 400 Bilder pro Sekunde aufnehmen, mit denen sich die Fahrzeuge trotz ihrer hohen Geschwindigkeit lokalisieren können. Eine hohe Relevanz hatte für die Forscher ebenfalls eine Optimierung der Warenübergabe an den Ablagestationen. Hier bediente man sich des trägheitsbasierten Übergabeprinzips: Die Lastabgabe erfolgt ausschließlich mittels Trägheit beim Abbremsen des Fahrzeugs – also ohne zusätzliche Aktorik.

Eine im September 2020 durchgeführte Untersuchung zum Einsatz des „LoadRunners“ für die Paketsortierung lieferte bereits erste vielversprechende Ergebnisse: Mit nur 60 Fahrzeugen lassen sich theoretisch deutlich über 10.000 Sendungen pro Stunde sortieren. Die Forscher bildeten eine Sortierung mit einer unterschiedlichen Anzahl an „LoadRunnern“ und verschiedenen Beschleunigungswerten ab.

„Bei mehr Fahrzeugen und einer etwas höheren Beschleunigung könnten wir die Leistung noch deutlich steigern“, erklärt Moritz Roidl, Oberingenieur am Lehrstuhl für Förder- und Lagerwesen der TU Dortmund, der an dem Projekt beteiligt war.

Flexibel einsetzbar

Aktuell kann sich ein „LoadRunner“ hochdynamisch mit bis zu 10 m/s im Schwarm bewegen. Bei Bedarf können sich mehrere Fahrzeuge und bis zu vier passive Anhänger untereinander magnetisch zusammenkoppeln, um große und sperrige Teile zu transportieren. Der einzelne »LoadRunner« kann Lasten bis zu einem Gewicht von etwa 30 kg allein transportieren und sortieren. Somit lässt er sich zum Beispiel auch für den Transport und die Sortierung von Gepäckstücken an Flughäfen einsetzen.

„Mit dem „LoadRunner“ haben wir einen zentralen Mosaikstein für die Logistik von morgen entwickelt und setzen einen internationalen Benchmark in puncto autonomer Transportsysteme und Künstlicher Intelligenz. Die Fahrzeuge verfügen über die Beschleunigung eines Sportwagens und dringen in eine ganz neue Leistungsklasse vor. „LoadRunner“-Schwärme adressieren Bereiche, die bislang der Hochleistungssortier und -fördertechnik vorbehalten waren. Die WiFi-6- und 5Gbasierte Kommunikation, das selbstständige Verhandeln und Buchen von Aufträgen über die Blockchain und die Künstliche Intelligenz an Bord machen den „LoadRunner“ zum Begründer einer neuen KI-basierten Fahrzeuggeneration und zur Blaupause der Logistikbranche auf dem Weg in eine vertikale und in Echtzeit vernetzte digitale Plattformökonomie“, betont Prof. Michael ten Hompel, geschäftsführender Institutsleiter des Fraunhofer IML.

Und Jan Behling fügt hinzu:


„Die Entwicklung des „LoadRunners“ ist ein typisches Beispiel dafür, wie wir am Fraunhofer IML arbeiten. Ein interdisziplinäres Team setzt eine innovative Idee mit großer Begeisterung für das angestrebte Ergebnis und klarer Fokussierung auf die spätere Anwendung prototypisch um. Trotz der hohen Komplexität ist uns dies bei der Entwicklung des „LoadRunners“ sehr gut gelungen. Wir haben eine extrem positive Resonanz aus der Praxis erhalten und freuen uns nun, den „LoadRunner“ gemeinsam mit einem schlagkräftigen Industriepartner zur Marktreife zu bringen.“

Quelle: Fraunhofer IML

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