Mit der Einführung der speziellen Nummerntafel für historische Fahrzeuge am 29. Juli 1997 nimmt die Zahl der Oldtimer immer mehr zu. Anfang 2021 sind es 660.520 Fahrzeuge, denen ein Oldtimer-Gutachten einen Zustand als gepflegter Klassiker bestätigt. Die meisten davon sind Personenwagen: 584.509 Stück. In der Regel sind historische Fahrzeuge gut gepflegt, wie die GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung mbH in ihrer Oldtimerstatistik regelmäßig feststellt.
Die aktuelle Oldtimerstatistik der GTÜ bestätigt erneut, dass die Klassikerbesitzer sich ausgiebig um Wartung und Pflege ihrer Lieblinge kümmern. Die Bilanz der Hauptuntersuchungen der GTÜ-Prüfingenieure für das Jahr 2020 zeigt eine Mängelfreiheit bei 65,39 Prozent aller geprüften Personenwagen im Alter von 30 bis 60 Jahren.
„Das spricht dafür, dass Besitzer klassischer Automobile sich bei der Bedeutung ihres Fahrzeugs als technischem Kulturgut bewusst sind und viel Wert auf einen guten Zustand legen“, betont Marco Oehler, Technischer Leiter der GTÜ.
Die auch von der GTÜ durchgeführten, gründlichen Hauptuntersuchungen im Zwei-Jahres-Rhythmus tragen maßgeblich dazu bei, dass der gute Zustand und die Verkehrssicherheit der Oldtimer bewahrt bleibt.
Warum wurde das H-Kennzeichen vor drei Jahrzehnten eingeführt? Damals wurde mit dem Siegeszug des Abgaskatalysators die Kraftfahrzeugsteuer umgestellt. Statt einer reinen Bemessung nach Hubraum wurden die Fahrzeuge nach ihrem Schadstoffausstoß eingestuft. Für automobile Klassiker hätte dies zu horrenden Steuersätzen führen können, obwohl sie im Alltag kaum bewegt werden und die Umwelt entsprechend wenig belasten. Das H-Kennzeichen löste diese Ungerechtigkeit auf: Für alle Klassiker wird eine jährliche Pauschalsteuer von 191 Euro erhoben.
Zeitgenössisches Tuning erlaubt
Formale Voraussetzung ist ein Gutachten für die Fahrzeugeinstufung als Oldtimer nach § 23 StVZO. Die GTÜ ist für Oldtimergutachten eine kompetente Adresse: Deutschlandweit sind zahlreiche GTÜ-Prüfingenieure Spezialisten auch für klassische Fahrzeuge. Eine weitere Voraussetzung für das H-Kennzeichen ist ein Fahrzeugalter von mindestens 30 Jahren ab Erstzulassung. Zudem muss es weitestgehend dem Originalzustand entsprechen, in einem guten Erhaltungszustand sein und der Pflege des historischen Kulturgutes dienen, wie der Gesetzgeber festgelegt hat. Beim Stichwort Originalzustand gibt es eine Offenheit: „Zeitgenössisches Tuning“. Was zur Bauzeit eines Fahrzeugs erlaubt war, darf auch heute nachgerüstet werden. Etwa ein Motortuning oder auch Spoiler, Felgen und Reifen.
Zur „Technischen Beschreibung“ für das Gutachten dient eine ausführliche Checkliste, nach der die Prüfer Aufbau/Karosserie, Rahmen und Fahrwerk, Motor und Antrieb, Bremsanlage, Lenkung, Reifen/Räder, elektrische Anlage, Innenraum sowie Pflege- und Erhaltungszustand unter die Lupe nehmen. Zur Begutachtung gehört ebenso das Bestehen einer Hauptuntersuchung, die weiterhin alle zwei Jahre zu durchlaufen ist. Diese Vorgaben sollen sicherstellen, dass keine stark abgenutzten Alltagsfahrzeuge im Alter von 30 Jahren und mehr durch die Hintertür im Straßenverkehr verbleiben.
Obwohl die Zahl der Oldtimer Jahr für Jahr um rund zehn Prozent zunimmt macht ihr Anteil im Jahr 2021 lediglich rund ein Prozent aller zugelassenen Fahrzeuge aus. Außerdem werden sie nicht viel bewegt – im Durchschnitt pro Jahr nur 1.740 Kilometer und damit neunmal weniger als alle anderen Pkw. Laut einer Studie der Bundesanstalt für Straßenverkehr sind die Emissionen der Oldtimer deswegen in Summe unerheblich. Auch zum Unfallgeschehen tragen die Klassiker wenig bei. Die meisten von ihnen werden im Winter gar nicht bewegt, viele nur bei Sonnenschein und nicht bei widrigen Straßenverhältnissen. Eher mäßige Geschwindigkeiten in Verbindung mit den geringen Laufleistungen führen zu Recht niedrigen Versicherungsbeiträgen.
Neben diesen sachlichen Argumenten kommen individuelle Gründe hinzu, die den einen oder anderen zum Oldtimerfan machen. Viele Fahrer genießen das Fahren ohne Assistenzsysteme und oft auch ohne Servolenkung sowie Servobremse. Bei älteren Fahrzeugen werden die Getriebe gern durch Zwischengas und Zwischenkuppeln geschont. Die rollenden Zeugnisse der Mobilitätsentwicklung lösen bei manchen Menschen nostalgische Gefühle aus, die bei Passanten am Straßenrand gern ein Lächeln und manchmal sogar ein Winken hervorrufen. Das lässt sich mit Zahlen belegen: Laut einer Studie interessieren sich 22 Prozent der Bevölkerung für Oldtimer, 42 Prozent freuen sich, wenn sie ein solches Fahrzeug sehen, und 41 Prozent würden gerne einmal mit einem Klassiker fahren. Oldtimerhochburgen sind die Bundesländer Nordrhein-Westfahlen, Bayern und Baden-Württemberg. Doch Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern haben den Bestand in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt: Automobiles Kulturgut wird dort immer beliebter.
Deutsche Fahrzeughersteller führen die H-Kennzeichen-Statistik an: Mercedes-Benz vor Volkswagen und Porsche. Bei den Fahrzeugen zeigt sich, dass noch rund 40.000 VW Käfer für Deutschlands Straßen zugelassen sind. Noch ein Blick in die aktuelle GTÜ-Erhebung: Von den 30 Jahre alten Personenwagen, die 2020 erstmals eine Oldtimerzulassung bekommen konnten, waren 57,89 Prozent ohne Mängel, und bei den gleichaltrigen Fahrzeugen ohne H-Kennzeichen waren es 43,16 Prozent. Übrigens: Die höchste Quoten der Fahrzeuge ganz ohne Mängel gab es bei den 58 Jahre alten Automobilen (69,05 Prozent) und den 59 Jahre alten Fahrzeugen (68,22 Prozent). Quelle: GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung