Verschiebt sich die geplante EU-Regulierung, zur serienmäßig Ausstattung von Assistenzsystemen? Die EU-Kommission hat im Rahmen der General Safety Regulation (GSR) anspruchsvolle Ziele zur Verbesserung der Verkehrssicherheit vorgegeben, die auch von der Automobilindustrie geteilt werden. Allerdings komme die EU-Kommission mit den notwendigen Ausführungsbestimmungen zur Umsetzung nicht voran und gefährde damit den notwendigen Entwicklungs- und Planungsvorlauf für die Unternehmen, kritisiert der Verband der Automobilindustrie (VDA). Er habe das Bundesverkehrs- und Bundeswirtschaftsministerium über die Dringlichkeit informiert.
Ab Juli 2022 müssen nach dem Willen der EU-Kommission alle neuen Pkw-Typen serienmäßig mit einer Reihe von Assistenzsystemen ausgestattet sein, ab Juli 2024 gilt dies für alle Pkw-Neuzulassungen in der EU. Dabei handle es sich u. a. um den Totwinkelassistent, den Rückfahrassistent, den Notbremsassistent, das Notbremslicht, die Schnittstelle für eine Alkohol-Sperre (Alcolock) und um den intelligenten Geschwindigkeitsassistenten (ISA).
Bereits am 5. April 2021 hätte etwa der finale Entwurf des intelligenten Geschwindigkeitsassistenten im Amtsblatt veröffentlicht werden müssen – 15 Monate vor Inkrafttreten der neuen Regelung, so der VDA. Dieser bereits unüblich kurze Zeitplan werde von der EU-Kommission nicht eingehalten. Mit einer monatelangen Verzögerung müsse gerechnet werden. Allein die öffentliche Konsultation laufe bis 28. April.
„Die deutsche Automobilindustrie unterstützt mit Nachdruck das Ziel, die Verkehrssicherheit zu erhöhen und hat bereits viele Innovationen eingeführt. Allerdings brauchen die Unternehmen verlässliche Vorgaben, sie benötigen Rechts- und Planungssicherheit, um die General Safety Regulation umzusetzen“, betont VDA-Geschäftsführer Dr. Joachim Damasky.
Die EU-Kommission erfülle nicht die eigene Verordnung 2019/2144 zur General Safety Regulation, weil sie der Industrie den vorgesehenen Zeitraum von 15 Monaten nicht gebe:
„Es ist nicht nachvollziehbar, warum Brüssel nicht in der Lage ist, fest vorgegebene Zeitplanungen einzuhalten. Wir haben das Bundeswirtschafts- und das Bundesverkehrsministerium auf die Dringlichkeit hingewiesen und um Unterstützung gegenüber Brüssel gebeten“, unterstreicht Damasky.
Inhaltlicher Nachbesserungsbedarf
Planungssicherheit sei für Hersteller und Zulieferer deshalb so wichtig, weil Assistenzsysteme solide in das gesamte Bedienkonzept integriert und ausreichend validiert werden müssten. Nur so würden die Einzelsysteme die notwendige Kundenakzeptanz erhalten und andere Assistenzsysteme berücksichtigen.
„Die Bedienkonzepte unserer Hersteller erhöhen die Verkehrssicherheit, weil die Fahrer optimal informiert und nur minimal abgelenkt werden. Damit die Unternehmen alle Vorgaben erfüllen können, brauchen sie die Verordnung als Grundlage – und die entsprechende Zeit für Entwicklung und Einführung in die Serienproduktion“, unterstreicht Damasky
Damasky verweist darauf, dass es – abgesehen von der immer kürzer werdenden Frist – auch inhaltlich noch erheblichen Nachbesserungsbedarf gibt. So würden seitens der EU-Kommission immer noch neue Anforderungen in den Entwurf zum intelligenten Geschwindigkeitsassistenten eingearbeitet, ohne dass je eine Validierung der kompletten Anforderungen durchgeführt worden sei.
„Das ist nur eines von vielen Beispielen. Uns treibt die Sorge um, dass die geforderte Warnstrategie beim intelligenten Geschwindigkeitsassistenten zu einer hohen Abschaltrate des Systems führen könnte. Denn die EU-Kommission plant, die bisherige erfolgreiche optische Warnung um eine akustische (Piepston) zu erweitern. Das dürften viele Autofahrer als störend empfinden. Insgesamt gilt: Die Zeit drängt, die Hausaufgaben müssen gemacht werden, gerade auch von der EU-Kommission“, betont Damasky.
Bild: ADAC