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Automobilverbände warnen vor No-Deal

Veröffentlicht am 22.09.2020
 
  • Nur noch wenige Wochen, um den Autosektor der EU und Großbritanniens vor der 110 Milliarden Euro-„No-Deal“-Katastrophe von Brexit zu retten
  • Führender Akteure der Automobilindustrie Großbritanniens und der EU fordern gemeinsam die dringende Einigung auf ein ehrgeiziges Freihandelsabkommen vor dem Ende der Übergangsperiode in nur 15 Wochen.
  • Neue Berechnungen zeigen die katastrophalen Auswirkungen eines „No Deal“ mit den WTO-Zöllen, die die Produktion von etwa 3 Millionen in der EU und im Vereinigten Königreich gebauten Autos und Lieferwagen in den nächsten fünf Jahren gefährden.
  • „No Deal“ würde bis 2025 Handelsverluste zwischen der EU und Großbritannien in Höhe von insgesamt bis zu 110 Milliarden Euro bedeuten, zusätzlich zu den rund 100 Milliarden Euro an Produktionsverlusten, die in diesem Jahr aufgrund der Coronavirus-Krise bisher zu verzeichnen waren.
  • Um zu vermeiden, dass der Sektor, in dem 14,6 Millionen Menschen beschäftigt sind, einen zweiten wirtschaftlichen Rückschlag erleidet, fordert die Industrie die Verhandlungsführer auf, dringend eine Vereinbarung zu erzielen, die null Zollsätze und moderne Ursprungsregeln vorsieht und unterschiedliche Regelungen im gesamten Kanal vermeidet.

Nur 15 Wochen vor Ablauf der Brexit-Übergangsfrist haben sich führende Vertreter der europäischen Automobilindustrie zusammengetan, um die EU und Großbritannien aufzufordern, ohne weitere Verzögerung ein ambitioniertes Freihandelsabkommen abzuschließen. Die Verhandlungsführer auf beiden Seiten müssten nun alle Register ziehen, um zu verhindern, dass es am Ende des Übergangs zu einem „No Deal“ kommt, der nach neuen Berechnungen den gesamteuropäischen Automobilsektor in den nächsten fünf Jahren rund 110 Milliarden Euro an Handelsverlusten kosten würde und damit Arbeitsplätze in einem Sektor gefährde, der 14,6 Millionen Menschen ernähre, was einem von 15 Arbeitsplätzen in der EU und im Vereinigten Königreich entspreche.


Die federführenden Organisationen, die Fahrzeug- und Teilehersteller in der gesamten EU vertreten, der Europäische Verband der Automobilhersteller (ACEA) und der Europäische Verband der Automobilzulieferer (CLEPA), mit 21 nationalen Verbänden, darunter die Society of Motor Manufacturers and Traders (SMMT), der Verband der Automobilindustrie (VDA), Comité des Constructeurs Français d’Automobiles (CCFA) und La Plateforme automobile (PFA), warnen davor, dass der Sektor schwerwiegende Auswirkungen ausgesetzt sein könnte. In der Tat drohe den Volkswirtschaften und Arbeitsplätzen auf beiden Seiten des Ärmelkanals ein zweiter verheerender Schlag in Form eines „No Deal“, der zu den Produktionsverlusten von rund 100 Milliarden Euro hinzukomme, die in diesem Jahr aufgrund der Coronavirus-Krise bisher entstanden seien.

Wenn bis zum 31. Dezember keine Einigung zustande käme, wären beide Seiten gezwungen, im Rahmen der so genannten nicht präferenziellen Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) Handel zu treiben, einschließlich eines Zollsatzes von 10% auf Autos und bis zu 22% auf Liefer- und Lastwagen. Solche Zölle – weit höher als die geringen Gewinnspannen der meisten Hersteller – müssten mit ziemlicher Sicherheit an die Verbraucher weitergegeben werden, was die Fahrzeuge teurer machen, die Auswahl verringern und die Nachfrage beeinflussen würde. Darüber hinaus werden die Automobilzulieferer und ihre Produkte von Zöllen betroffen sein. Dies wird die Produktion verteuern oder zu mehr Importen von Teilen aus anderen wettbewerbsfähigen Ländern führen.

Vor dem Ausbruch der Coronavirus-Krise belief sich die Produktion von Kraftfahrzeugen in der EU und im Vereinigten Königreich auf 18,5 Millionen Einheiten pro Jahr. In diesem Jahr sind im gesamten Sektor bereits rund 3,6 Millionen Einheiten durch die Pandemie verloren gegangen. Neue Berechnungen würden darauf hindeuten, dass allein bei Pkw und Transportern ein Nachfragerückgang infolge eines WTO-Zolls von 10 % in den nächsten fünf Jahren rund drei Millionen Einheiten aus der Produktion der Fabriken in der EU und im Vereinigten Königreich auslöschen könnte, wobei den britischen Werken Verluste in Höhe von 52,8 Milliarden Euro und den EU-weit angesiedelten Werken Verluste in Höhe von 57,7 Milliarden Euro entstünden. Auch die Zulieferer würden unter diesen Änderungen leiden.

Dieser kombinierte Verlust an Handelswert würde die Einnahmen eines Sektors ernsthaft beeinträchtigen, der einer der wertvollsten Aktivposten Europas ist, Millionen von Menschen beschäftigt und gemeinsamen Wohlstand für alle schafft, mit einem kombinierten Handelsüberschuss von 74 Milliarden Euro mit dem Rest der Welt im Jahr 2019. Der Automobilsektor der EU27 und Großbritanniens sei zusammen für 20% der weltweiten Automobilproduktion verantwortlich und gebe jährlich etwa 60,8 Milliarden Euro für Innovationen aus, was ihn zum größten F&E-Investor Europas mache.

Das Erreichen eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und Großbritannien mit automobilspezifischen Bestimmungen sei ist für den künftigen Erfolg der europäischen Automobilindustrie von entscheidender Bedeutung. Jedes Abkommen sollte Nullzölle und Kontingente, angemessene Ursprungsregeln sowohl für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren als auch für Fahrzeuge mit alternativen Kraftstoffen sowie für Komponenten und Antriebsstränge und einen Rahmen zur Vermeidung regulatorischer Divergenzen umfassen.

Entscheidend sei laut des Statements, dass die Unternehmen detaillierte Informationen über die vereinbarten Handelsbedingungen benötigen würden, mit denen sie ab dem 1. Januar 2021 konfrontiert sein werden, um die letzten Vorbereitungen treffen zu können. Dies werde in Verbindung mit gezielter Unterstützung und einer angemessenen Einführungsphase, die für einen begrenzten Zeitraum eine stärkere Nutzung ausländischer Materialien ermöglichen soll, sicherstellen, dass die Unternehmen in der Lage sind, das Ende der Übergangszeit zu bewältigen.

Die Stimmen der Experten

Eric-Mark Huitema, ACEA-Generaldirektor, sagte:

„Für die EU-Automobilindustrie steht viel auf dem Spiel – wir müssen unbedingt bis Januar ein ehrgeiziges Handelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien abschließen. Andernfalls wird unser Sektor – der bereits von der COVID-Krise gebeutelt ist – von einem doppelten Schlag getroffen werden“.

Sigrid de Vries, Generalsekretärin von CLEPA:

„Ein ’no deal‘ Brexit würde die integrierte Automobil-Zulieferkette unterbrechen und die Industrie in einem kritischen Moment treffen. Die Auswirkungen werden weit über die bilateralen Handelsströme hinaus spürbar sein und sich in einem Verlust von Arbeitsplätzen und Investitionskapazitäten niederschlagen. Der Automobilsektor ist der größte private F&E-Investor der EU mit Investitionen in Höhe von 60 Milliarden Euro pro Jahr. Wir brauchen ein Abkommen, das die globale Wettbewerbsfähigkeit des Sektors aufrechterhält.“

Mike Hawes, Chief Executive der SMMT, sagte:

„Diese Zahlen zeichnen ein düsteres Bild der Verwüstung, die einem „no deal“ Brexit folgen. Der Schock durch Zölle und andere Handelsschranken würde den Schaden, den eine globale Pandemie und Rezession bereits angerichtet haben, noch vergrößern und Unternehmen und Existenzgrundlagen gefährden. Unsere Industrien sind tief integriert, deshalb fordern wir alle Parteien dringend auf, die Bedürfnisse dieses lebenswichtigen Anbieters von Arbeitsplätzen und wirtschaftlichem Wohlstand anzuerkennen und alle Hebel in Bewegung zu setzen, um jetzt, bevor es zu spät ist, ein Freihandelsabkommen zu erreichen.“

Hildegard Müller, Präsidentin des VDA, meinte:

„Die Automobilindustrie braucht stabile und verlässliche Rahmenbedingungen. Es wäre für beide Seiten von großem Nachteil, wenn der Rückzug Großbritanniens mit der Anwendung von Zöllen im gegenseitigen Handel enden würde. Dies würde eng verknüpfte Wertschöpfungsketten gefährden und sie möglicherweise unrentabel machen. Unsere Mitgliedsunternehmen verfügen über mehr als 100 Produktionsstätten im Vereinigten Königreich. Wir hoffen, dass die EU und das Vereinigte Königreich ihre enge Partnerschaft fortsetzen werden – mit einem umfassenden Freihandelsabkommen.“

Thierry COGNET, Präsident des CCFA, sagte:


„Eine ’no deal‘-Situation am 1. Januar 2021 wäre besonders eine Herausforderung für die Hersteller. Was wir in einem wirtschaftlichen Kontext, der bereits stark von der COVID-Krise betroffen ist, von den Verhandlungsführern brauchen, ist eine substanzielle Vereinbarung, die uns vor Zöllen, Quoten und regulatorischen Divergenzen schützt.“

Zu den 23 Automobilverbänden als Unterzeichner gehören:

  • ACAROM – Romanian Association of Automobile Builders
  • ACEA – European Automobile Manufacturers Association
  • ACS – Automotive Cluster of Slovenia
  • AFIA – Portuguese Manufacturers Association for the Automotive Industry
  • AIA – Czech Automotive Industry Association
  • ANFIA – Italian Association of the Automobile Industry
  • AUTIG – Danish Automotive Trade & Industry Federation
  • BIL SWEDEN – Swedish Association of Automobile Manufacturers and Importers
  • CCFA – Committee of French Automobile Manufacturers
  • CLEPA – European Association of Automotive Suppliers
  • FEBIAC – Belgian Federation of Automobile and Motorcycle Industries
  • FKG – Scandinavian Automotive Supplier Association
  • FFOE – Austrian Association of the Automotive Industry
  • ILEA – Luxembourg Automotive Suppliers Association
  • MGE – Hungarian Vehicle Importers Association
  • PFA – French Association of the Automotive Industry
  • RAI – Dutch Association for Mobility Industry
  • SDCM – Polish Association of Automotive Parts Distributors and Producers
  • SERNAUTO – Spanish Association of Automotive Suppliers
  • SIMI – Society of the Irish Motor Industry
  • SMMT – Society of Motor Manufacturers and Traders
  • TAYSAD – Automotive Suppliers Association of Turkey
  • VDA – German Association of the Automotive Industry
  • ZAP – Automotive Industry Association of the Slovak Republic

Quelle: VDA – Verband der Automobilindustrie

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