Interview mit Fabrizio Giannelli von TecAlliance – Innovationen, Jubiliäum und die Zukunft des Automotive Aftermarket
Der Automotive Aftermarket steht vor einem großen Wandel. Im Interview schildert Fabrizio Giannelli, Vice President Data Manager Manufacturer bei TecAlliance, einem der führenden Datenspezialisten des Independent Automotive Aftermarket, wie sich seine Organisation neu aufgestellt hat hat und welche Auswirkungen das hat (Link Teil 1). Heute berichtet er von einer der nächsten Innovationen und einem Jubiläum aus seinem Hause und wie seiner Meinung nach die Zukunft des Automotive Aftermarket aussieht.
Die nächste Innovation hat TecAlliance bereits in der Pipeline: das TecDoc Catalogue Truck Modul. Was steckt dahinter?
Unser Anspruch ist es, die weltweite größte Fahrzeugersatzteil-Datenbasis im bekannten TecDoc Catalogue um ein Modul für den NKW-Markt zu erweitern. Das bedeutet maximale Branchen-Abdeckung, beste Performance, globale Verfügbarkeit und höchste Datenqualität. Ursprung des Truck-Moduls ist eine maßgeschneiderte Lösung, die wir für einen unserer französischen Großkunden entwickelt haben, und die seit kurzem produktiv ist. Auf dieser Basis bereiten wir das neue Truck Modul für den TecDoc Catalogue vor, das sich derzeit in der Prototypenphase befindet. Wir planen, das Modul noch im Laufe dieses Jahres auf den Markt zu bringen und zwar vor allem als Webservice für die Distribution und den Handel. Erhältlich sein wird sie – wie alle TecDoc Catalogue Module – über den TecAlliance-Shop, über den Direktvertrieb, aber auch über unsere Partner.
Was zeichnet das TecDoc Catalogue Truck Modul aus?
Zum Start beinhaltet dieses Modul die OE-Daten und die Reparatur- und Wartungsdaten der sieben wichtigsten Truck-Hersteller, darunter Scania, Iveco oder MAN sowie die Daten von renommierten Anhänger- und Achsen-Herstellern wie Meritor, Giant und anderen. Die Ersatzteilidentifikation erfolgt wahlweise per VIN-Nummer, OE-Nummer oder grafischer Suche. Das Modul enthält Daten von TecDoc Catalogue-Datenlieferanten, aber auch von Ersatzteilherstellern, die ihre Daten bislang noch nicht an den TecDoc Catalogue liefern. Die OE-Referenzen haben unsere Experten von TecAlliance vorqualifiziert und mit derzeit insgesamt 150 generischen Artikeln verknüpft – so können Anwender auch nach Produkten suchen. Darüber hinaus werden die OE-Referenzen inklusive technischer Kriterien dargestellt. Derzeit enthält unser Truck Modul mehr als 13,3 Mio. VIN-Nummern, die mit den jeweiligen Artikel-Daten verknüpft sind.
Wie immer beim TecDoc Catalogue haben die Nutzer – zunächst einmal der Teilehandel, der die Informationen seinen angeschlossenen Werkstätten zur Verfügung stellen kann – auch hier Zugriff auf eine Vielzahl unterschiedlicher und herstellerkonformer Daten direkt aus der Ersatzteilesuche. Die Reparatur- und Wartungsdaten bieten eine Vielzahl an Informationen für die Bereiche Reparatur, Mechanik, Wartung und Diagnose. Zuvor wurden die Daten durch unsere Experten qualitativ aufbereitet.
Welche Herausforderung erwarten Sie in den nächsten Jahren für den Automotive Aftermarket und wie stellt sich TecAlliance darauf ein?
Elektromobilität, selbstfahrende Autos, vernetzte Fahrzeuge: Keine Frage, die Automobilbranche ist im Umbruch. Das bekommt zunehmend auch der Aftermarkt zu spüren. Die Geschwindigkeit des technologischen Wandels und der Konsolidierungsdruck werden weiter steigen. Schließlich ist der automobile Automotive Aftermarket schon heute hart umkämpft. Und wird es künftig auch bleiben: Die zunehmende Zahl an Elektroautos – mit ihrem geringeren Verschleiß – und die rückläufige Zahl von Schadensfällen könnten das Wachstum im deutschen Automotive-Aftermarket-Geschäft künftig um bis zu 10 Prozent dämpfen. Zugleich reißt die Digitalisierung die traditionelle Wertschöpfungskette zwischen Originalteileherstellern und Zulieferern, Teilehändlern und Werkstätten auf.
Die Folge: Neue Anbieter aus dem klassischen E-Commerce drängen in den Markt. Nach aktuellen Erhebungen von McKinsey steht das Geschäft mit Ersatzteilen und Reparaturservices bis 2030 vor einem grundlegenden Wandel: Die die klassischen Player der Branche müssen sich mit neuen Wettbewerbern wie Technologieunternehmen Umsatz und Gewinn teilen. Umso wichtiger ist es für Teileindustrie, -händler und Kfz-Werkstätten, die Chancen der Digitalisierung aktiv zu nutzen: Zum Beispiel bei der Optimierung interner Workflows, dem Supply Chain Management oder der Kundenbindung. So lassen sich beispielsweise mithilfe vernetzter IT-Lösungen schon heute etliche Reparatur- und Warenwirtschaftsprozesse automatisieren – und dadurch Effizienzreserven heben. Künftig bietet zudem das vernetze Auto in Verbindung mit intelligenten Plattformen vielfältige Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle. Beispielsweise könnten Werkstätten dank Echtzeit-Daten aus dem Auto potenzielle Störungen erkennen, noch bevor sie für den Fahrer problematisch werden.
TecAlliance hat die Kompetenz, das Know-how und die Werkzeuge, um gemeinsam mit unseren Kunden, Partnern und dem Automotive Aftermarket die Vision und den Weg in die digitale Zukunft zu entwickeln. Unser Alleinstellungsmerkmal ist es, mit dem TecDoc Standard einen international anerkannten Industriestandard etabliert zu haben, der mit anderen Formaten wie ACES/PIES, MAM weltweit kompatibel ist und mit dem wir übrigens dieses Jahr unser 25jähriges Jubiläum feiern. Der Datenstandard gilt weltweit als anerkanntes Siegel für höchste Datenqualität im IAM. Er ermöglicht eine schnelle und präzise Identifizierung von Ersatzteilen und Fahrzeugen sowie optimierte automatisierte und digitalisierte Prozesslösungen entlang der gesamten Lieferkette des freien Teilemarktes. Auf dieser Basis betreiben und pflegen wir mit dem TecDoc Catalogue und allen seinen Modulen eine der größten Kfz-Ersatzteildatenbanken weltweit. Sie ist für uns zugleich die Basis, um Anwendungen zu entwickeln, die unsere Kunden zur Optimierung ihrer Geschäftsprozesse einsetzen.
Und damit sind wir bei der nächsten großen Herausforderung, nämlich künftig immer größere Datenmengen zu bewältigen. Damit meine ich nicht nur die In-Vehicle-Daten aus den vernetzten Fahrzeugen, sondern auch die Datenmengen im Nachgang zum Inkrafttreten des neuen EU-Typgenehmigungsverfahrens 2020. Brüssel hat die Hersteller verpflichtet, allen Akteuren im Automotive Aftermarket einen diskriminierungsfreien Zugang zu ihren OBD-Fahrzeugdaten sowie Wartungsplänen und Reparaturinformationen zu gewähren. Das bedeutet, dass sehr umfangreiche Datenmengen mit hoher Aktualisierungsrate auf den Markt kommen, die aufgenommen und verstanden werden müssen. Als einer der führenden Spezialisten für Datenmanagement im freien Teilemarkt betrachten wir es als unsere Aufgabe, die digitalen Datenmassen für den Markt entsprechend aufzubereiten. Des Weiteren investieren wir hier auch gemeinsam mit unserer Tochtergesellschaft Caruso und Bildungseinrichtungen in die Forschung, um neue Technologien marktfähig zu machen, wie z.B. Distributed Ledger, die eine überprüfbare Historie aller Informationen bietet, die in diesem bestimmten Datensatz gespeichert sind.
Das dritte große Thema ist für uns die fortschreitende Globalisierung der Branche und natürlich auch unserer Organisation. Wir legen großen Wert auf globale Verfügbarkeit. Das erreichen wir, indem wir vor Ort sind und die Sprache(n) unserer Kunden sprechen: Schon heute sind viele unserer Produkte, Lösungen und Dienstleistungen in 35 Sprachen verfügbar und kommen in mehr als 140 Ländern auf 6 Kontinenten zum Einsatz. Die mehr als 600 Mitarbeiter von TecAlliance stammen aus 26 Nationen und wir sind derzeit an 19 Standorten präsent. Diese regionale Präsenz bauen wir gerade verstärkt weiter aus. Vor kurzem haben wir einen Standort in Indien, in Chennai eröffnet und uns mit dem Kauf von JNPSoft in Nordamerika weiter verstärkt. Unsere 35 Shareholder – weltweit führende Unternehmen der internationalen Teileindustrie und des Handels im Automotive Aftermarket – haben den Wunsch, dass wir unseren Standardisierungsauftrag weltweit erfüllen.
Danke für das Gespräch