Deutsche Umwelthilfe reicht elf weitere Klagen für „Saubere Luft“ ein – Klageverfahren damit in 28 deutschen Städten zum Dieselabgasgift NO2
Auch nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Diesel-Fahrverboten verweigern Städte und Landesbehörden notwendige Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Luftqualitätsgrenzwerte – Nach den ersten Diesel-Fahrverboten ab April in Hamburg rechnet die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ab Herbst 2018 mit Aussperrungen der schmutzigen Diesel in vielen weiteren Städten in Deutschland – ClientEarth unterstützt fünf der elf Klagen
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) reicht elf weitere Klagen zur Durchsetzung der „Sauberen Luft“ in den deutschen Städten mit besonders hoch belasteter Atemluft ein. Fünf dieser Klagen werden von der internationalen Nichtregierungsorganisation ClientEarth unterstützt. Damit erhöht sich die Gesamtzahl der Klagen wegen der zu hohen Belastung der Luft mit dem Dieselabgasgift Stickstoffdioxid (NO2) auf 28. Mit den neuen Klageverfahren möchte die Deutsche Umwelthilfe eine schnellstmögliche Einhaltung der Luftqualitätswerte in weiteren besonders hoch belasteten Städten erreichen. Die Einhaltung der Grenzwerte ist nur möglich durch eine rasche Umsetzung kurzfristig wirksamer Maßnahmen wie Fahrverbote für schmutzige Diesel-Fahrzeuge. Die schmutzigen Diesel-Pkw tragen wesentlich zu mehr als 800.000 jährlichen Neuerkrankungen an Diabetes und Asthma sowie knapp 13.000 vorzeitigen Todesfällen bei, verursacht durch die anhaltende Belastung der Atemluft mit dem Dieselgift NO2.
Ausgewählt für die aktuellen Klagen wurden Dortmund, Bochum, Düren, Paderborn und Offenbach sowie sechs Städte in Baden-Württemberg: Heilbronn, Ludwigsburg, Backnang, Esslingen, Marbach und Reutlingen. Diese Städte weisen nach den amtlichen Messungen einen besonders hohen Konzentrationswert von 50µg NO2/m³ oder mehr im Jahresdurchschnitt 2016 auf. Hier besteht nach Auffassung der Deutsche Umwelthilfe ein besonders dringender Handlungsbedarf. Dennoch haben die für die Luftreinhaltung zuständigen Behörden für diese Städte immer noch keine kurzfristig wirksamen Maßnahmen in die Luftreinhaltepläne aufgenommen, teilweise existieren solche Pläne nicht einmal.
Anfang März dieses Jahres hatte die Deutsche Umwelthilfe 40 Städte mit deutlichen Überschreitungen des NO2-Grenzwertes angeschrieben. Die bisher eingegangenen Antworten zeigen, dass in einzelnen Städten nach der höchstrichterlichen Entscheidung in Leipzig zwar ernsthafter über das Thema Luftreinhaltung diskutiert wird. Immer noch verweigern aber praktisch alle Städte die vom Europäischen Gerichtshof für notwendig erachteten Maßnahmen, die geeignet sind, kurzfristig die Einhaltung der Grenzwerte sicherzustellen. Hierzu zählt das konsequente Aussperren von Diesel-Fahrzeugen, wie dies das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 27.2.2018 für zulässig erachtet hat. In den Städten mit deutlichen Überschreitungen der Grenzwerte für das Dieselabgasgift NO2 wird deren Einhaltung ohne Diesel-Fahrverbote nicht machbar sein. Die DUH hatte daher die Städte vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes im Februar erneut aufgefordert, diese Maßnahme in die Luftreinhalteplanung aufzunehmen.
„Wie kann es sein, dass die Regierungspolitiker in Bund und Ländern von den vielen hunderttausenden unter dem Dieselabgasgift Stickstoffdioxid leidenden Menschen erwarten, weiter dreckige Luft einzuatmen? Solange die enge Verbindung zwischen Dieselkonzernen und Politikern in Deutschland fortbesteht und den Menschen die ihnen zustehende „Saubere Luft“ verweigert wird, setzen wir Recht und Gesetz auf dem Klageweg durch. Seit 2010 werden die Grenzwerte überschritten. Anwohnerproteste, Klagen betroffener Bürger, das Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland und selbst die höchstrichterliche Entscheidung von Leipzig werden im Interesse der Dieselkonzerne ignoriert. Es wird nach wie vor so getan, als könne man das Problem weiter jahrelang aussitzen. Doch das geschieht auf Kosten der Gesundheit zahlloser Menschen. Daher werden wir so lange den Klageweg beschreiten, bis sich endlich die für die Luftreinhaltung verantwortlichen Politiker zum Handeln entschließen“, so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. Die Begrenzung der Klagen auf elf Städte begründet die Deutsche Umwelthilfe neben der besonderen Eilbedürftigkeit durch die gefundenen hohen Belastungswerte mit den zur Verfügung stehenden personellen und finanziellen Ressourcen. „Wir appellieren an alle Verantwortlichen für die Luftreinhaltung in diesen knapp 30 weiteren Städten mit Grenzwertüberschreitungen, alle Maßnahmen zu ergreifen, um ab Herbst 2018 die Luftqualitätswerte einzuhalten. Wenn nicht, werden ansonsten noch in diesem Jahr weitere Klageerhebungen folgen.“
James Thornton, Geschäftsführer der internationalen Nichtregierungsorganisation ClientEarth, die die Klagen der DUH unterstützt, sagt: „Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist unmissverständlich – die Behörden haben das Recht und auch die Pflicht, die Einfahrt von Dieselfahrzeugen zu beschränken, um Luftreinhaltegesetze einzuhalten. Die weitere Verzögerung des Unvermeidbaren ist ein klarer Verstoß gegen die gesetzliche Verpflichtung, Bürgerinnen und Bürger vor schädlicher Luftverschmutzung zu schützen. Die Politik muss der Gesundheit der Menschen Priorität einräumen. Das oberste deutsche Gericht hat den Weg für Dieselfahrverbote freigemacht. Es ist an der Zeit, den Kuschelkurs mit der Industrie zu stoppen und sich stattdessen für unsere Gesundheit einzusetzen.“
Das Umweltbundesamt hatte unlängst mit einer neuen Studie über die Gesundheitsfolgen des Dieselabgasgiftes NO2 verdeutlicht, dass bereits bei Konzentrationen deutlich unterhalb des Grenzwertes mit 437.000 Neuerkrankungen an Diabetes Mellitus und 439.000 Asthmaerkrankungen zu rechnen ist.
„Die höchstrichterliche Entscheidung aus Leipzig ist seit über einem Monat rechtskräftig. In Städten, in denen man ohne ein Dieselfahrverbot den Grenzwert nicht schnellstmöglich einhalten kann, weiß man seit dem Urteil, was zu tun ist. Gleichwohl hat man bei keiner dieser Städte die Gewissheit, dass nun auch gehandelt wird. Die Zeit des Abwartens ist vorbei“, betont Remo Klinger, der die DUH auch in den neuen Verfahren vertritt.
Quelle: Deutsche Umwelthilfe