Demografischer Wandel beflügelt autonomes Fahren auf dem Land
Die alternde Bevölkerung wird selbstfahrenden Autos einen wesentlichen Schwung verleihen – vor allem in ländlichen Gebieten. Ein System aus fahrerlosen Bussen auf festen Routen in Kombination mit ebenfalls automatischen Fahrzeugen für die „letzte Meile“ kann vor allem älteren Menschen helfen, am sozialen Leben weiter teilzunehmen. Dies ist das Ergebnis der neuen Studie „Reconnecting the rural – Autonomous driving as a solution for non-urban mobility“, für die die Experten von Roland Berger Szenarien für das autonome Fahren in ländlichen Gebieten entwickelt haben.
„Bisher wird vor allem über autonome Fahrzeuge in Städten und auf Autobahnen diskutiert“, sagt Wolfgang Bernhart, Partner von Roland Berger. „Dabei bietet sich der ländliche Raum mit seinen einfacheren Verkehrssituationen viel eher als Testfeld und erstes Einsatzgebiet für fahrerlose Mobilitätsangebote an.“
Zumal der Bedarf an öffentlichen Verkehrsangeboten auf dem Land zunimmt, denn auch hier steigt die Zahl der Menschen, die nicht selbst Auto fahren wollen oder können, aber dennoch mobil sein wollen.
Vor allem der demografische Wandel wirkt sich aus: In Deutschland sind bereits über 22 Prozent der Bewohner ländlicher Räume über 65 Jahre alt, in Japan sogar über 30. Viele von ihnen sind für ihre Wege zum Arzt, zu Behörden oder für den Einkauf auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Doch diese sind in ländlichen Regionen derzeit oft unzureichend oder gar nicht vorhanden.
Rentable Geschäftsmodelle für Kommunalanbieter
Etablieren sich autonome Fahrzeuge, so hätten auch die Kommunen einen deutlichen Vorteil: Im Gegensatz zum heutigen öffentlichen Verkehr, der in ländlichen Gegenden ein permanentes Zuschussgeschäft ist, kann ein solches Angebot auch profitabel werden.
„Die mangelnde Mobilitätsversorgung in kleineren Kommunen liegt auch daran, dass der öffentliche Verkehr hohe Kosten verursacht, die nur zum Teil durch die Fahrpreise abgedeckt werden können“, erläutert Roland Berger-Partner Tobias Schönberg. „Daher sind Subventionen nötig – in Deutschland summieren sie sich auf rund 25 Prozent der Gesamtkosten. Und hier setzen Kommunen gerne den Rotstift an.“
Dabei sind es vor allem die Personalkosten für Fahrer, die stark zu Buche schlagen; durch autonom fahrende Verkehrsmittel wäre das lokale Mobilitätsangebot deutlich günstiger.
Die letzte Meile – neue profitable Angebote möglich
Doch richtig wirtschaftlich wird das Angebot eines öffentlichen Verkehrs im ländlichen Raum, wenn zusätzlich zur Automatisierung der herkömmlichen Routen ein Transportservice für die „letzte Meile“ angeboten wird. Dann kann sich der Nutzer zur Wunschzeit ein autonomes Fahrzeug bestellen und sich zur Haltestelle an der Hauptlinie bringen lassen und umgekehrt.
„Für diesen Service mit deutlichem Komfortgewinn für die Kunden kann der Betreiber höhere Preise verlangen“, sagt Bernhart. „Daraus ergibt sich ein profitables Geschäftsmodell mit rund 16 Prozent Gewinn.“
Hinzu kommt, dass ländliche Gebiete ein optimales Testfeld für selbstfahrende öffentliche Verkehrsmittel sind.
„Wir sehen hier die ideale Gelegenheit für Autohersteller, kommunale Betriebe und die Politik, zukunftsträchtige Mobilitätsmodelle auszuprobieren. Die gesammelten Erfahrungen lassen sich später auf das städtische Umfeld übertragen“, fasst Tobias Schönberg zusammen.
Quelle: Roland Berger