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GVA: Neue Wettbewerbspolitik

Veröffentlicht am 23.11.2017
 

Neue Bundesregierung muss Prioritäten anders setzen

Nicht weniger als ein Umdenken in wirtschafts- und wettbewerbspolitischen Fragen forderte GVA Präsident Hartmut Röhl ivon der neu zu konstituierenden Bundesregierung. „In der Vergangenheit wurde bei Themen mit Bezug zum Automobil allzu oft Industriepolitik betrieben, wobei die Interessen der Automobilwirtschaft auch noch fälschlicherweise allein mit denen der Fahrzeughersteller gleichgesetzt wurden.“, erläuterte Röhl.


Und weiter: „Eine neue Bundesregierung sollte die Chance nutzen, hier andere Prioritäten zu setzen. So müssen die Interessen der Verbraucher stärker als bisher politisches Handeln leiten. Diese haben ein berechtigtes Interesse an bezahlbarer individueller Mobilität. Dafür bedarf es der Schaffung und der Durchsetzung geeigneter rechtlicher Rahmenbedingungen für freien und fairen Wettbewerb im Kfz-Ersatzteil- und Servicemarkt.“ Bei vielen wettbewerbspolitisch relevanten Fragen wurden in der Vergangenheit Argumente und Behauptungen von Fahrzeugherstellern übermäßig stark gewichtet oder auch zu wenig hinterfragt. Hartmut Röhl skizzierte die Folgen und schloss eine Forderung an: „Wozu das führen kann, zeigte der Diesel- bzw. Abgasskandal, der dem Automobilstandort Deutschland nachhaltig großen Schaden zugefügt hat. Die Politik und die mit der Marktüberwachung beauftragten Institutionen sollten daraus lernen, mehr kritische Distanz zu wahren und verstärkt auch ein offenes Ohr für die berechtigten Anliegen und Hinweise der vielen anderen Akteure der Automobilwirtschaft zu haben.“

In der Wettbewerbspolitik beschäftigen die Branche und damit den GVA zurzeit vor allem drei Themen: die Liberalisierung des Marktes für sichtbare Kfz-Ersatzteile, die Reform der europäischen Typgenehmigung verbunden mit dem Zugang zu technischen Informationen und die Digitalisierung/Fahrzeugvernetzung. Neben den zahlreichen Chancen, die diese Themenkomplexe für die Branche und für die Autofahrer bieten, können allerdings existenzbedrohende Risiken für die unabhängigen Marktteilnehmer mit ihren mehreren hunderttausend Mitarbeitern in Deutschland etwa aus der Kfz-Teileindustrie, dem freien Kfz-Teilegroßhandel, den Werkstätten oder von Datenpublishern entstehen, wenn die rechtlichen Weichen falsch gestellt sind.

Liberalisierung vom Aftermarket für sichtbare Ersatzteile

Der GVA engagiert sich seit Langem für die Liberalisierung des Marktes für sichtbare Ersatzteile wie Motorhauben, Kotflügel, Außenspiegel, Scheiben, Scheinwerfer und Rückleuchten. Abweichend zu vielen anderen Staaten Europas genießen die Fahrzeughersteller hierzulande aufgrund des deutschen Designgesetzes ein rechtliches Monopol auf diese Teile. Aufgrund des mangelnden Wettbewerbs zahlen deutsche Autofahrer daher dafür deutlich mehr als ihre europäischen Nachbarn, in deren Ländern die nationale Gesetzgebung bereits um eine Reparaturklausel ergänzt wurde, die sichtbare Kfz-Ersatzteile vom Designschutz ausnimmt.

GVA Präsident Hartmut Röhl: „Mit der Kampagne „Mehr Gerechtigkeit für deutsche Autofahrer“, die von der internationalen ECAR-Allianz initiiert wurde und die in Deutschland vom GVA getragen wird, machen wir noch einmal auf die große Relevanz des Themas aufmerksam.“ Rund 3 Milliarden Euro werden alljährlich in der Bundesrepublik mit sichtbaren Ersatzteilen umgesetzt. Das Einsparpotential für die Verbraucher ist enorm, wenn mehr Wettbewerb herrschen würde. Sollte eine neue Bundesregierung ihre Bereitschaft zur Liberalisierung signalisieren, könnte nicht nur die deutsche, sondern in der Folge auch der gesamte europäische Markt einheitlich für Wettbewerb geöffnet werden.

Zugang zu technischen Informationen

Der Zugang zu den technischen Informationen der Fahrzeughersteller bleibt für die unabhängigen Marktteilnehmer von großer Bedeutung. Das gilt insbesondere für die Reparatur- und Wartungsinformationen, die eine eindeutige Fahrzeugidentifikation und Ersatzteilzuordnung ermöglichen. Diese sollen Teil der neuen Typgenehmigungsrahmenverordnung sein, deren Details derzeit im europäischen Vermittlungsverfahren (Trilog) zwischen der EU-Kommission, dem EU Ministerrat und dem EU-Parlament diskutiert werden. Der GVA begleitet diesen Gesetzgebungsprozess gemeinsam mit seinem europäischen Dachverband FIGIEFA intensiv.

Bislang werden die entsprechenden Regeln im Wesentlichen von der Euro 5/6-Verordnung definiert. GVA Präsident Hartmut Röhl umriss in seinen Ausführungen im Rahmen der Jahresmitgliederversammlung die wesentlichen diesbezüglichen Forderungen des Verbands an die neue Rahmenverordnung: „Dass Euro 5/6 Regelungslücken und Mängel aufweist, weiß die breite Öffentlichkeit spätestens seit dem Abgasskandal, als Fahrzeughersteller gegen andere darin ebenfalls enthaltene Regeln verstoßen haben. Doch der GVA und Vertreter anderer Marktteilnehmer weisen darüber hinaus seit Langem darauf hin, dass die Fahrzeughersteller den Vorgaben aus Euro 5/6 für Pkw sowie Euro VI für Nkw bezüglich des Zugangs zu technischen Informationen für Akteure des Independent Aftermarket nur unzureichend nachkommen.“ Solche Mängel hatte schon der so genannte RICARDO-Bericht bestätigt, der von der EU-Kommission in Auftrag gegeben wurde. „Wir erwarten, dass diese Mängel bei der Neufassung der europäischen Typgenehmigung beseitigt werden. Der Zugang zu den technischen Informationen zur Fahrzeug- und Ersatzteilidentifikation ist für den freien Markt essentiell, denn ohne ihn kann etwa der freie Kfz-Teilehandel aufgrund der stetig wachsenden Teile- und Modellvielfalt keine eigenen Ersatzteilkataloge in konkurrenzfähiger Form anbieten.“, so GVA-Präsident Röhl weiter. Und: „Die künftige Bundesregierung muss ihren Einfluss im europäischen Trilogverfahren nutzen, damit die neue EU-Typgenehmigungsrahmenverordnung den Wettbewerb im Kfz-Ersatzteil- und Servicemarkt schützt.“


Quelle: GVA

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