Auf dem Weg zur Elektromobilität ist der Verbrennungsmotor als Brücke unverzichtbar
„Mit großem Engagement verfolgt die deutsche Automobilindustrie ihre Strategie ‚weg vom Öl‘. Wir lösen uns Schritt für Schritt von den fossilen Energieträgern. Bereits heute haben unsere Hersteller rund 30 Serienmodelle mit Elektroantrieb im Angebot, für die nächsten Jahre sind zahlreiche weitere Modelle angekündigt“, betonte Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA).
„Mittel- bis langfristig liegt die Zukunft in alternativen Antrieben und Kraftstoffen. Die Elektrifizierung des Antriebsstrangs spielt dabei eine wichtige Rolle. Allerdings brauchen wir auf diesem Weg einen gesunden Mix der Antriebsarten. Dazu gehört der Plug-in-Hybrid, dazu gehören auch Benziner und Diesel. Und natürlich sind realistische Zeiträume ins Auge zu fassen. Die in jüngster Zeit laut gewordene Forderung nach einem politisch motivierten Ende des Verbrennungsmotors im Jahr 2030 ist weder klimapolitisch, industriepolitisch noch sozialpolitisch sinnvoll. Das geht auf keinen Fall und in keinem Industrieland der Welt“, unterstrich Wissmann.
Die automobile Wertschöpfung am Industriestandort Deutschland und in Europa sei bis auf weiteres eng geknüpft an den Verbrenner: „Sein vorzeitiges, politisch erzwungenes Ende würde dieser Schlüsselbranche die finanzielle Grundlage für Investitionen in neue Technologien entziehen – mit entsprechenden Folgen für den Automobilproduktionsstandort Deutschland“, betonte Wissmann.
Derzeit liegt der Marktanteil von Elektrofahrzeugen in Deutschland unter einem Prozent. Prognosen gehen davon aus, dass in etwa zehn Jahren 15 Prozent aller Neufahrzeuge weltweit elektrifiziert sein werden. Erforderlich sei, so Wissmann, zudem der flächendeckende Aufbau einer Ladeinfrastruktur – in Deutschland, Europa und anderen Ländern.
„Selbst Unternehmen, die sich sehr ambitionierte Ziele zur Elektromobilität setzen, gehen davon aus, dass im Jahr 2030 noch zwei Drittel der Neuwagen mit Verbrennungsmotor fahren werden. Aus dem Verkauf dieser Autos mit ‚klassischem Antrieb‘ müssen die Unternehmen die hohen Investitionen in alternative Antriebe finanzieren“, betonte Wissmann. Wenn die Politik diese „Quelle“ zuschütte, werde der Weg zur Mobilität von morgen verbaut. Der VDA-Präsident riet dazu, die Öffentlichkeit nicht mit illusorischen Vorschlägen zu verunsichern.
Stattdessen sollte die Politik – in Deutschland und in der EU – den Aufbau der Ladeinfrastruktur für alternative Antriebe mit Entschlossenheit vorantreiben. Ein zukunftsorientierter Ansatz beinhalte zudem „Maß und Mitte“ bei der Regulierung, die Förderung von Innovationspotenzialen bei der Digitalisierung, Maßnahmen zur Bestandserneuerung und für eine intakte Straßeninfrastruktur sowie weitere Flexibilitäten. Die EU habe ja schon heute die ambitionierteste CO2-Regulierung weltweit, unterstrich Wissmann.E
Wenn die Bundesumweltministerin behaupte, der Verkehrsbereich habe für den Klimaschutz „leider bisher nichts beigesteuert“, so sei das eine Darstellung, die wichtige Fakten außer Acht lasse. Tatsache ist, dass die absoluten CO2-Emissionen des Straßenverkehrs in Deutschland im Jahr 2014 um 11 Prozent niedriger sind als im Jahr 2000 (153,2 Mio. t gegenüber 172,5 Mio. t). Gleichzeitig ist die Verkehrsleistung von Pkw und Nutzfahrzeugen in Leistungskilometer (Personen-km plus Tonnen-km) um 17 Prozent gestiegen.
„Unsere Unternehmen – Hersteller wie Zulieferer – stehen im Zentrum einer Mobilitätswende, die von den beiden Megatrends alternative Antriebe sowie dem Vernetzten und Automatisierten Fahren getrieben wird. Es ist erkennbar, dass sich dadurch die automobile Wertschöpfungskette massiv verändern und neu ordnen wird. Die deutsche Automobilindustrie investiert pro Jahr über 30 Mrd. Euro in Forschung und Entwicklung. Der Löwenanteil davon geht in die Elektromobilität und die Digitalisierung. In einer solchen Phase ‚automobiler Disruption‘ braucht diese Industrie die Politik an ihrer Seite – mit klugen Ideen und einer modernen Umwelt- und Wirtschaftspolitik“, sagte Wissmann.
„Die Politik war immer gut beraten, wenn sie die Rahmenbedingungen vorgegeben hat. Sobald sie jedoch glaubte, Technologievorgaben machen zu müssen, führte der Weg auch ökonomisch in die Sackgasse. Die Forderung nach dem ‚Ende des Verbrenners‘ im Jahr 2030 enthält planwirtschaftliche Elemente, die weder den technologischen Fortschritt noch die Bedürfnisse der Kunden berücksichtigen. Ein solcher Ansatz ist alles andere als modern oder innovativ, sondern rückwärtsgewandt“, unterstrich Wissmann.
Quelle: VDA