VDA-Nutzfahrzeug-Vorstandskreis trifft Präsidenten von BGL, BWVL und DSLV
Nutzfahrzeugindustrie und Transportverbände diskutieren Zukunftsfragen des Straßengüterverkehrs
Berlin, 30. November 2015. Vertreter der deutschen Nutzfahrzeugindustrie und der deutschen Transportwirtschaft haben über Zukunftsthemen des Straßengüterverkehrs in Berlin beraten. Dazu kamen Vorstände der Nutzfahrzeugunternehmen im Verband der Automobilindustrie (VDA) mit den Präsidenten und Hauptgeschäftsführernder Verbände BGL (Bundesverband Güterkraftverkehr Entsorgung und Logistik), BWVL (Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik) und DSLV (Deutscher Speditions- und Logistikverband) zusammen. Im Mittelpunkt der Diskussion standen unter anderem der dringend notwendige Ausbau der digitalen Infrastruktur in Deutschland und Europa, die CO2-Reduzierung im Straßengüterverkehr, der Einsatz von Lang-Lkw, die Weiterentwicklung der Lkw-Maut sowie die Infrastrukturpolitik in Deutschland. Die Verbände vertreten gemeinsam die Forderung an die Politik, dass die digitale Infrastruktur in Deutschland rasch und nachhaltig ausgebaut werden muss. In der Digitalisierung und Vernetzung liegen gerade auch für den Straßengüterverkehr große Chancen, die es zu nutzen gilt.
Die folgenden Statements spiegeln die Ergebnisse der gemeinsamen Diskussion wider.
Matthias Wissmann: Diesel für schwere Nutzfahrzeuge und Busse unverzichtbar
VDA-Präsident Matthias Wissmann hob den traditionell engen Schulterschluss zwischen der Nutzfahrzeugindustrie und den Transportunternehmen hervor und unterstrich die großen Anstrengungen der Unternehmen für noch mehr Effizienz und Umweltfreundlichkeit im Straßengüterverkehr. Zur Diskussion über die Dieseltechnologie und ihre Bedeutung für schwere Nutzfahrzeuge sagte Wissmann: „Der moderne Diesel mit EURO VI hat hervorragende Abgaswerte und ist durch seine CO2-Effizienz ein echter Klimafreund. Das gilt für Lkw und Busse ebenso wie für Pkw. Die inakzeptablen Vorgänge bei einem Automobilhersteller sind daher kein Grund, den Diesel unter Generalverdacht zu stellen.
Für Nutzfahrzeuge gilt vor allem: Die Manipulationen an Dieselmotoren betreffen Pkw eines einzelnen Herstellers – eine Übertragung dieser Debatte auf den Dieselantrieb beim Lkw oder Bus entbehrt jeder Grundlage. Das gilt umso mehr, weil bei schweren Nutzfahrzeugen die ständige Überwachung der Schadstoffemissionen im Realbetrieb schon seit Jahren vorgeschriebene Praxis ist. Die verbleibenden Schadstoff- und Partikelemissionen sind dank der enormen Anstrengungen der Industrie praktisch an der Nachweisgrenze angelangt. Daher widersprechen wir Versuchen auf EU-Ebene, die Kraftstoffbesteuerung zu Ungunsten des Diesels zu ändern. Eine deutlich höhere Besteuerung des Diesels würde das Erreichen der EU-Klimaziele gefährden. Da der Diesel im Straßengüterverkehr auch auf mittlere Sicht unverzichtbar ist, würden die Transportpreise deutlich steigen – mit erheblichen negativen Folgen für Konjunktur und Beschäftigung in ganz Europa.“
Dr. Wolfgang Bernhard: CO2-Reduzierung im Straßengüterverkehr gemeinsam vorantreiben
Dr. Wolfgang Bernhard, Daimler-Vorstand und Vorsitzender des VDA-Vorstandskreises Nutzfahrzeuge, ging auf die Möglichkeiten zur weiteren CO2-Reduzierung im Straßengüterverkehr ein: „Die europäischen Nutzfahrzeug-Hersteller haben bereits sehr viel erreicht: Der Verbrauch pro Tonnenkilometer ist seit 1965 um rund 60 Prozent gesunken. Wenn wir den Verbrauch im Straßengüterverkehr auch künftig weiter senken wollen, dürfen wir nicht nur beim Motor ansetzen, sondern müssen alle Kräfte bündeln und auch Reifen, Auflieger und andere wichtige Komponenten einbeziehen. Erst kürzlich konnte in einem Praxisversuch nachgewiesen werden, dass sich der Dieselverbrauch mit einem ganzheitlich optimierten Truck schon heute um bis zu 14 Prozent senken lässt. Die zusätzlichen Anschaffungskosten für diese Komponenten sollten im geplanten Förderprogramm für energieeffiziente Lkw berücksichtigt werden. Damit können wirksame Anreize gesetzt werden, die heute bereits verfügbaren Technologien zur Verbrauchssenkung einzusetzen. Um die ehrgeizigen CO2-Ziele der EU zu erreichen, müssen wir darüber hinaus noch weiter denken. Es geht darum, im Rahmen eines integrierten Ansatzes alle Akteure des Straßengüterverkehrs einzubeziehen: Nutzfahrzeughersteller, die Anhänger- und Aufbautenindustrie, Reifenanbieter, Logistikunternehmen, Verlader und die politischen Instanzen. Mit unseren heutigen Gesprächen sind wir dabei einen guten Schritt weiter gekommen.“
Adalbert Wandt: Öko-effiziente Lösungen im Straßengüterverkehr fördern
BGL-Präsident Adalbert Wandt sprach sich dafür aus, öko-effiziente Lösungen im Straßengüterverkehr zu fördern. Dabei müsse eine Brücke zwischen ökologisch erforderlichen und wirtschaftlich notwendigen Maßnahmen geschlagen werden. Bei der von der europäischen Politik geplanten Internalisierung externer Kosten müsse darauf geachtet werden, dass die Einzelmaßnahmen nicht zu Lasten bestimmter logistischer Einsatzfelder gehen. Ebenso wichtig sei es, dass ökologische Lenkungsinstrumente im Güterverkehr wettbewerbsneutral eingesetzt und einzelne Nutzersegmente nicht benachteiligt werden. Bei der Weiterentwicklung der Lkw-Maut müsse sichergestellt sein, dass die Belastung für das Transportgewerbe auf Bundesstraßen nicht höher ausfallen dürfe als auf Autobahnen. Ökoeffizienz dürfe auch nicht bei alternativen Antriebs- und Kraftstoffkonzepten aus den Augen verloren werden. Elektromobilität, Hybridmotoren sowie regenerativ und synthetisch gewonnene Kraftstoffe im Güterverkehr müssten dafür im Hinblick auf die CO2-Vermeidungskosten und damit verbundenen umweltpolitischen Nutzen vielfach noch einen Quantensprung nehmen, um ein vertretbares Kosten-/Nutzenverhältnis zu erreichen.
Jochen Quick: Moderne Verkehrsinfrastruktur notwendig für Wachstum und Beschäftigung
BWVL-Präsident Jochen Quick sagte zum Thema Verkehrsinfrastruktur in Deutschland: „Wir betonten gemeinsam die zentrale Bedeutung einer leistungsfähigen und modernen Verkehrsinfrastruktur für Wachstum und Beschäftigung sowie die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Die Verbände und Unternehmen begrüßen ausdrücklich die Entscheidungen der Bundesregierung zur Bereitstellung zusätzlicher Finanzmittel für Erhalt und Ausbau der Infrastruktur von rund 11 Milliarden Euro bis zum Jahr 2018, die einen Investitionshochlauf und eine Verstetigung der Investitionen ermöglichen.
Höhere Investitionsmittel müssen aber eng mit neuen Strukturen zu einer effizienteren Mittelverwendung, zum Beispiel über eine Fernstraßengesellschaft, die bundesweit für den Bau, Erhalt und Betrieb zumindest der Autobahnen zuständig ist, verknüpft werden. Zudem ist bei den Projekten im zukünftigen Bundesverkehrswegeplan eine deutliche Priorisierung erforderlich, die sich klar an der Leistungsfähigkeit des überregionalen Gesamtnetzes und am größtmöglichen volkswirtschaftlichen Nutzen orientiert. Zu einer zukunftsorientierten Verkehrsinfrastruktur gehört unabdingbar aber auch eine leistungsfähige digitale Infrastruktur. Auch hier muss der Ausbau weiter vorangetrieben werden. Nur so kann neuen Mobilitätskonzepten, einer vernetzten Verkehrssteuerung und der innovativen Kommunikation zwischen Nutzfahrzeug, Fahrweg und anderen Verkehrsteilnehmern Rechnung getragen werden.“
Mathias Krage: Lang-Lkw hat großes Zukunftspotenzial
Auch DSLV-Präsident Mathias Krage hob die hohe Bedeutung einer modernen und nachhaltig finanzierten Verkehrsinfrastruktur hervor, die durch zentralere Strukturen effektiver als bisher geplant, gebaut und erhalten werden könnte. Zugleich verwies er auf die Schlüsselrolle, die innovative Nutzfahrzeuge in Zukunft spielen werden. Besonders der Lang-Lkw habe ein großes Zukunftspotential: „Das Güterverkehrsaufkommen in Deutschland und Europa wird in den kommenden Jahren weiter stark wachsen. Der Lang-Lkw wird als leistungsfähiges Glied von Logistikketten das Mengenwachstum auf der Straße auffangen können. Der Lang-Lkw wird seine Leistung nicht nur im Fernverkehr auf der Straße, sondern – unter definierten Voraussetzungen – auch als Systemkomponente des Kombinierten Verkehrs entfalten.“ Verlagerungsängste seien vollkommen unbegründet: „Der Lang-Lkw wird keine Bedrohung für die Schiene darstellen. Er ist vor allem für Volumengüter und konventionelles Stückgut geeignet, also für Güterarten ohne hohe Schienenaffinität.“ Die bisherigen Erkenntnisse aus dem Feldversuch zeigten ökonomische und ökologische Vorteile. Krage: „Der Einsatz von Lang-Lkw im Regelbetrieb bedeutet bis zu einem Viertel weniger Spritverbrauch und CO2-Emissionen. Gleichzeitig beansprucht er Straßen nicht so stark wie herkömmliche Lkw, da sich sein Gesamtgewicht auf mehr Achsen verteilt. Lang-Lkw sind mit modernsten Sicherheits- und Assistenzsystemen ausgestattet und gehören zu den sichersten Fahrzeugen.“ Krages Fazit: „Für den Lang-Lkw sprechen so viele Argumente, dass sein bundesweiter Einsatz kommen wird.“
Quelle: VDA