Wissmann: Mehr Besucher, mehr Weltpremieren, mehr Aussteller – diese IAA ist ein großer Erfolg!
IAA erwartet rund 920.000 Besucher bis Sonntag – Megathema vernetzte und digitale Mobilität dominiert
Statement von Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), anlässlich der IAA-Abschluss-PK am 25.09.2015 in Frankfurt am Main
Meine Damen und Herren,
bevor ich zur IAA komme, will ich mich zu dem Thema äußern, das in diesen Tagen die Schlagzeilen beherrscht. Die deutsche Automobilindustrie ist betroffen über die bei Volkswagen in den USA festgestellten Verstöße bei Abgastests. Eine Praxis, bei der es zu einer missbräuchlichen Anwendung einer speziellen Motorensoftware gekommen ist, darf nicht akzeptiert werden.
Wir bedauern diese Vorgänge zutiefst und nehmen sie sehr ernst.Es muss nun darum gehen, die Ereignisse vollständig und konsequent aufzuklären. Die deutsche Automobilindustrie unterstützt auch den Auftrag der Behörden nach umfassender Klärung und Überprüfung.
Zu einer Aufklärung gehört aber auch, unterschiedliche Sachverhalte differenziert zu beurteilen.So handelt es sich bei dem aktuellen Vorgang nicht um ein prinzipielles Diesel-Problem. Unsere Unternehmen haben die moderne Diesel-Technologie entwickelt, die zu niedrigsten Schadstoffemissionen führt.
Daran ändert auch die missbräuchliche Anwendung einer speziellen Motorsoftware nichts! Moderne Diesel-Antriebe sind für die Erreichung der europäischen Klimaschutzziele unverzichtbar. Die Euro-6-Norm, die seit dem 1. September 2015 für alle Neuzulassungen verbindlich ist, bedeutet Umwelt- und Verbraucherschutz zugleich.
Verbrauch und Emissionen unterliegen im Straßenverkehr erheblichen Schwankungen. Die EU-Normwerte werden in einem gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren auf dem Prüfstand ermittelt. Eine Abweichung von diesen so ermittelten EU-Normwerten auf der Straße ist schon aus physikalischen Gründen nicht zu vermeiden und rechtmäßig.
Zu diesen Abweichungen tragen vor allem unterschiedliche Fahrweisen sowie Verkehrs- und Witterungsbedingungen bei. Klar ist, Missbrauch von Software geht gar nicht. Das entspricht nicht dem Anspruch, den die deutsche Automobilindustrie an sich selbst stellt. Klar ist aber auch: Wir müssen unterscheiden. Es geht nicht um die Frage, ob Fahrzeuge außerhalb des Prüfzyklus andere Abgaswerte aufweisen.
Unterschiede sind physikalisch bedingt, und sie sind rechtmäßig. Und auf der Straße herrschen nun mal keine Laborbedingungen. Die Automobilindustrie unterstützt eine baldige Entscheidung der EU über eine neue RDE-Gesetzgebung (Real Driving Emissions), die realistische Messmethoden für die Schadstoffe umfasst. Der neue Zyklus für Verbräuche und CO2-Emissionen der EU, der WLTP, an dem wir seit Jahren ebenfalls konstruktiv mitarbeiten, wird die Unterschiede zwischen Prüfstand und Straße künftig verringern.
Die Frage ist, ob es zum Einsatz von Software gekommen ist oder kommt, die der Zykluserkennung dient und die eine Ein-/Ausschaltung oder Modifikation der Abgasnachbehandlung zwecks Optimierung der Zykluserkennung veranlasst. Wenn diese Frage mit „Nein“ beantwortet wird, dann dürfen einzelne Modelle aufgrund höherer Werte nicht per se an den Pranger gestellt werden.
Es wäre unfair, die gesamte Automobilindustrie – Hersteller und Zulieferer – unter einen Generalverdacht zu stellen, wegen des offensichtlichen Fehlverhaltens einzelner Unternehmen. Meine Bitte: Vermeiden Sie Pauschalurteile. Pauschalurteile über VW und seine 600.000 Mitarbeiter weltweit, gar über die ganze Automobilindustrie oder über „Made in Germany“ sind unangemessen.
Nun zum eigentlichen Anlass dieser Pressekonferenz: der IAA.
Die 66. IAA Pkw endet am Sonntag um 19.00 Uhr. Schon jetzt können wir eine sehr erfreuliche Bilanz ziehen:
Diese IAA verzeichnet mehr Besucher, mehr Weltpremieren und mehr Aussteller als die IAA vor zwei Jahren. Das ist ein großer Erfolg. Die IAA unterstreicht damit ihre Position als weltweit wichtigste Mobilitätsmesse.
Und die IAA ist heute wesentlich mehr als eine „Auto Show“. Wir haben die IAA 2015 neu positioniert: als zentrales Forum für den großen Trend der Vernetzung und Digitalisierung der Mobilität.
Wir haben bereits nach den ersten Messetagen, am vergangenen Sonntag, gesagt, dass wir einen erfreulichen Besucherzuwachs verzeichnen. Noch liegen zweieinhalb Messetage vor uns.
Trotzdem können wir – auch aufgrund der langjährigen Erfahrung – heute feststellen: Wir gehen davon aus, dass bis Sonntagabend die Besucherzahl auf rund 920.000 steigen wird. Das ist ein Zuwachs um rund 40.000 IAA-Besucher gegenüber 2013 oder von rund 5 Prozent. Wir sind mit diesem Ergebnis hoch zufrieden.
Und wir sind stolz darauf, dass die IAA mit ihrer hohen Attraktivität und ihren spannenden Themen offensichtlich gegen den vielfach zu beobachtenden Trend bei anderen Messen kräftig zulegen kann.
Die IAA unterstreicht ihren Anspruch als weltweit wichtigste Leitmesse der Mobilität mit faszinierenden Innovationen: 219 Weltpremieren können die IAA-Besucher erleben, das sind 60 Weltneuheiten mehr als vor zwei Jahren. An allen Tagen waren die Hallen und das Freigelände sehr gut besucht, am Wochenende war es sogar manchmal fast schon etwas sehr voll!
Auch die Ausstellerzahl ist gestiegen: Auf dieser IAA zeigen 1.103 Unternehmen ihre Produkte. Das ist die höchste Ausstellerzahl seit der Jahrhundertwende. Die Ausstellungsfläche umfasst 230.000 Quadratmeter, das entspricht 33 Standard-Fußballfeldern. Die Messe ist damit voll gebucht.
Beim Blick auf die Aussteller zeigt sich, dass die IAA die internationale Leitmesse ist: 40 Prozent der ausstellenden Unternehmen kommen aus dem Ausland. Und fast vier von zehn ausländischen Ausstellern (37 Prozent) haben ihren Sitz in Asien. Die Zahl der vertretenen Länder ist auf 39 Nationen gestiegen. Die Top-5 der ausländischen Länderbeteiligungen sind China, Südkorea, Frankreich, Großbritannien und Italien.
Auch bei den Besuchern ist die IAA noch internationaler geworden: Fast jeder fünfte IAA-Besucher (18 Prozent) reist aus dem Ausland an. Vor zwei Jahren lag der Anteil bei 17 Prozent. Dabei fällt auf, dass immer mehr Besucher von außerhalb Europas kommen. Neben den Europäern (71 Prozent) kamen mehr Gäste aus Nordamerika (7 Prozent; 2013: 6 Prozent; 2011: 2 Prozent). Aus Asien reisten 13 Prozent der ausländischen Besucher an. Der Anteil der Besucher aus dem Nahen und Mittleren Osten hat sich auf 4 Prozent verdoppelt.
Wir freuen uns besonders, dass die IAA-Besucher immer jünger werden. Das Durchschnittsalter der IAA-Besucher liegt bei 34 Jahren – also deutlich unter dem Durchschnittsalter der deutschen Bevölkerung. Und gegenüber der IAA 2013 – damals lag das Durchschnittsalter bei 37 Jahren – ist das IAA-Publikum um drei Jahre jünger geworden.
Die IAA ist also ein wahrer „Jungbrunnen“ – und widerlegt die Behauptung, dass junge Leute weniger Interesse am Auto hätten. Das Gegenteil ist der Fall: Diese IAA ist eine „Abstimmung mit den Füßen“ für das Auto. Die IAA ist auch ein riesiges Klassenzimmer. Unsere Schulklassenaktion war mit über 30.000 Teilnehmern wieder ein voller Erfolg. Dabei haben auch Schülergruppen aus Österreich, Frankreich, Polen, Belgien und Holland teilgenommen. Wir konnten zudem Willkommensklassen aus Frankfurt auf der IAA begrüßen mit Jugendlichen aus Syrien, Eritrea und Afghanistan.
Die IAA ist einzigartig, weil sie die gesamte automobile Wertschöpfungskette abbildet. Rund 400 Zulieferer präsentieren sich hier. 98 der 219 Weltpremieren kommen von Zulieferern. Sie zeigen neueste Entwicklungen: Batterietechnologie, Leichtbauteile, Sensorik, Fahrerassistenzsystem – um nur einige Stichworte zu nennen.
Das große Thema dieser IAA ist die Digitalisierung und Vernetzung des Automobils. Schon im letzten Jahr haben wir im VDA uns für das IAA-Motto „Mobilität verbindet“ entschieden. Damals war noch nicht so deutlich erkennbar, dass dieses Thema so massiv an Bedeutung gewinnen würde. Aber wir haben auf das richtige Thema gesetzt, das kann ich heute bilanzieren.
Wenn wir heute die IAA 2015 betrachten, dann ist klar:
Das automatisierte und vernetzte Fahren hat diese IAA dominiert – bereits auf der Eröffnungsveranstaltung, in den großen Kongressen auf der IAA, auf fast allen Rundgängen, und in allen Medien.
Heute kann ich sagen: Wir liegen mit der Schwerpunktsetzung dieser IAA voll im Ziel.
Wir haben die IAA neu positioniert: als das große, zentrale und internationale Forum für den Megatrend der Vernetzung und Digitalisierung der Mobilität.
Was in den USA Anfang des Jahres noch auf zwei verschiedenen Messen getrennt zu sehen war – auf der CES in Las Vegas und der Detroit Motor Show –, haben wir gemeinsam mit den Ausstellern hier, auf dieser Weltleitmesse, erstmals konsequent miteinander verknüpft und zusammengeführt.
Mit der „New Mobility World“ der IAA hat der VDA dafür einen völlig neuen Ausstellungsbereich in Halle 3.1 geschaffen. Hinzu kommt der große Outdoor-Parcours, auf dem die Besucher die neuen Möglichkeiten live erleben können: Autos, die selbstständig einparken, die vollautonom eine simulierte Autobahn-Baustelle durchfahren, oder die „automatisch“ einem plötzlich auftretenden Hindernis auf der Straße ausweichen.
Über 180 Aussteller bilden die New Mobility World der IAA. Es sind verschiedenste Branchen und Unternehmen, vom Start-up bis zum internationalen Telekommunikationskonzern, vertreten. Die New Mobility World steht damit für die gesamte Themenvielfalt der Mobilität der Zukunft. Dabei wird klar: Die Herausforderungen der Mobilität der Zukunft wird keine Branche allein lösen können. Die IAA hat sich zudem erweitert – um viele E-Bikes und Pedelecs. Das elektrisch betriebene Zweirad ergänzt offenbar das Automobil.
Es war daher die strategisch richtige Entscheidung, dass sich in der New Mobility World der IAA alle relevanten Akteure präsentieren und den interdisziplinären Dialog aufnehmen. Diese Plattform ist weltweit einmalig. Sie hat ihre Premiere auf der IAA glänzend bestanden. Ich bin mir sicher, dass wir diesen Kurs auch künftig fortsetzen werden.
Auf der IAA trifft sich zudem die Politik. Dazu gehören natürlich die Eröffnungsrede und der Rundgang von Bundeskanzlerin Merkel. Vor zwei Tagen war Bundeswirtschaftsminister und SPD-Chef Gabriel bei uns. Zudem hat Bundesministerin Johanna Wanka (Bildung und Forschung) die IAA besucht.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hatte sogar die G7-Verkehrsminister auf der IAA zu Gast. Die Minister haben dabei über moderne Infrastruktur und über das vernetzte und automatisierte Fahren gesprochen. Die Minister konnten den Weg dorthin auch im Outdoor Parcours erleben, keineswegs nur virtuell. Und die Reaktionen waren begeisternd. Dabei wurde deutlich, dass wir für diese neuen Technologien insbesondere einen internationalen Rechtsrahmen brauchen. Darauf hat auch EU-Kommissar Günther Oettinger auf der IAA hingewiesen. Dessen Kollegin, EU-Kommissarin Violeta Bulc, war ebenfalls hier auf der IAA.
Insgesamt wurden über 100 Rundgänge mit hochrangigen politischen Vertretern aus vielen Nationen und zahlreichen Bundesländern organisiert. Darunter waren Botschafter, Minister anderer Nationen, ausländische Delegationen, Ministerpräsidenten, viele Landesminister, zahlreiche Staatssekretäre aus Bund und Ländern und etliche Mitglieder des Deutschen Bundestags. Außerdem hatten wir wieder prominente Besucher wie Motorsport-Profis, Musiker, Schauspieler, Sportler und sogar ganze Bundesliga-Mannschaften.
Das Programm dieser IAA ist so umfangreich, dass ich dieses nicht im Detail schildere. Nur wenige Zahlen dazu: Der Offroad-Parcours war sehr begehrt, schon jetzt haben wir 26.000 Mitfahrer, ein Anstieg um mehr als 50 Prozent gegenüber 2013. Bis Sonntag wird sicherlich die 30.000er-Marke geknackt. Kräftig zugelegt haben auch die Probefahrten, bis heute wurden über 6.000 Teilnehmer gezählt, ein Plus von 18 Prozent.
Auch die über 25 Fachveranstaltungen und Kongresse, die wir auf der IAA veranstaltet haben, waren durchweg sehr gut besucht.
Ich fasse zusammen:
Die 66. IAA Pkw ist ein großer Erfolg.
Die Zahl der Aussteller ist gestiegen.
Vor allem die Zahl der ausstellenden Zulieferer ist auf dieser Publikumsmesse wieder gestiegen, auf 404. Das stärkt ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal der IAA, die gesamte Wertschöpfungskette zu zeigen.
Der deutliche Anstieg der Weltpremieren um mehr als ein Drittel auf 219 hat sicherlich die Attraktivität der IAA noch einmal erhöht.
Mit rund 920.000 Besuchern kommen deutlich mehr Gäste zu dieser weltweit wichtigsten Mobilitätsmesse.
Das IAA-Publikum hat sich verjüngt.
Das internationale Medieninteresse ist unschlagbar hoch – 11.000 Journalisten aus 106 Ländern berichten über die IAA
Das Thema Vernetzung und Digitalisierung der Mobilität wurde als Megatrend zielgenau gesetzt und überzeugend umgesetzt.
Die New Mobility World erweitert das Angebot der IAA um eine neue Plattform, die sehr gut angenommen wird.
Zusammengefasst: Es ist eine rundum gelungene und sehr erfolgreiche IAA.
Die Vorbereitung und Durchführung dieser IAA ist zu einem ganz erheblichen Teil von der eigenen VDA-Mannschaft gestemmt worden. Daher gilt mein Dank zunächst meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Zudem haben viele Partner dieser IAA zum Erfolg verholfen. Ich bedanke mich bei der Messe Frankfurt, der Polizei, der Feuerwehr und allen anderen Organisationen und Dienstleistern, die uns unterstützt haben.
Nach der IAA ist vor der IAA: Die nächste IAA Pkw findet vom 14. bis 24. September 2017 hier in Frankfurt statt. Wer so lange nicht warten will, kann uns bereits im kommenden Jahr bei der 66. IAA Nutzfahrzeuge treffen – vom 22. bis 29. September 2016 in Hannover.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Quelle: VDA / IAA